Es war einer dieser lauen Sommerabende, an denen das Waldfreibad Walbeck seine ganze Festival-Magie entfaltet. Zwischen Liegewiese und Bierbänken traf sich ein Publikum, das mit Fury in the Slaughterhouse alt geworden ist – und trotzdem immer noch mit ihnen feiert. Auch wenn die Band inzwischen Sessel auf der Bühne braucht und den Kühlschrank gleich dabeihat, blieb eines gleich: ihre Songs können noch immer Erinnerungen wachrütteln, die sich tief eingebrannt haben.
Sänger Kai Wingenfelder nahm die Sitzgelegenheiten regelmäßig dankbar in Anspruch, um zwischendurch Luft zu holen. Gitarrist Christof Stein-Schneider griff als Erster beherzt zum Kühlschrank – „trockene Luft hier in Geldern“, kommentierte er trocken und genehmigte sich ein Bier.
Die Band kokettierte an diesem Dienstagabend ganz bewusst mit ihrem Alter. In zwei Jahren feiern Fury ihr 40-jähriges Jubiläum. Wingenfelder ist inzwischen 65, Bruder Thorsten kratzt bald an der 60. Dass es die Band überhaupt noch gibt, grenzt fast an ein kleines Wunder, schließlich hatten sich die Musiker von 2008 bis 2017 im Streit getrennt. Erst eine Jubiläumsshow zum 30. brachte die Versöhnung – und seit 2021 auch wieder neue Musik.

Der Start ins Konzert wirkte noch etwas holprig. Zehn Minuten vor Showbeginn lief ein Countdown, begleitet von einer schrägen Flötenversion der berühmten 20th-Century-Fox-Fanfare. Während rund 3.500 Fans noch rätselten, schlichen sich die Musiker fast unbemerkt auf die Bühne. Es dauerte ein paar Songs, bis die Stimmung zündete – kein Wunder, schließlich ist auch das Publikum mit der Band älter geworden. Eher Generation Golf-Klassentreffen als Rock’n’Roll-Ekstase.
Etwas unglücklich: Der abgesperrte Bereich direkt vor der Bühne, für den satte 86 Euro fällig wurden. Dort blieb es spürbar lichter als gehofft, was die Atmosphäre im vorderen Teil deutlich drückte. Stein-Schneider kommentierte den Anblick der schiefen Anlage lakonisch mit: „Mir ist etwas schwindelig, weil das hier alles so schief ist.“
Musikalisch hielten Fury die Balance zwischen Nostalgie und Gegenwart. Klassiker wie „Radio Orchid“ oder „Won’t Forget These Days“ brachten das erwartete Stimmungs-Hoch, während neue Stücke wie „Sorrowland“ oder ein noch unveröffentlichter Song für die Gegenwart standen. Wingenfelder sang dabei mal fläzend im Sessel, mal mühselig über Absperrungen kletternd – nicht mehr so ungestüm wie früher, aber immer noch charismatisch.

Das Publikum reagierte eher gesittet: statt Springen und Pogen ein freundliches Mitwippen, statt Ekstase kollektives Erinnern. Bei „Every Generation“ gab es politische Einblendungen von Trump, Musk und der AfD, bei „Time To Wonder“ erleuchteten Handys den Nachthimmel – allerdings weniger als Taschenlampen, sondern als Videokameras, um diesen Moment für zuhause einzufangen.
Spätestens beim Gänsehaut-Moment „Trapped Today, Trapped Tomorrow“ und dem eindringlichen Gitarrensolo von Gero Drnek zeigte sich, warum Fury auch 2025 noch relevant sind: Sie schaffen es, trotz aller Alterserscheinungen, das Publikum emotional zu packen. Und wenn am Ende die Fans nach „Won’t Forget These Days“ einfach weitersingen, bis die Band zurückkehrt, dann ist klar: Diese Band ist vielleicht langsamer geworden – aber sie ist immer noch da.