Mit „To Sing In French“ legt Lucie Sue ein Debütalbum vor, das sowohl Herkunft als auch Zukunftsvision in sich vereint. Schon ihre bisherigen Arbeiten haben gezeigt, dass sie eine Künstlerin ist, die keine Angst davor hat, Grenzen zu überschreiten. Während ihre gleichnamige EP „To Sing In French“ (2023) noch wie ein mutiger Selbstversuch wirkte – entstanden mitten im Lockdown, voller Experimentierfreude und getragen von Do-it-yourself-Spirit –, präsentiert sich das neue Album als klare Weiterentwicklung.
Die Platte bündelt Einflüsse, die von L7, Metallica und PJ Harvey (Laut Aussage der Band selbst – und stimmt das auch? Oh ja, aber sowas von!) fragen bis zu zeitgenössischen Rock- und Metal-Strömungen reichen, ohne in bloße Nostalgie zu verfallen. Stattdessen erschafft Lucie Sue mit ihrer Band – ein Klanguniversum, das die rohe Energie von Alternative Rock mit einer spürbaren Leidenschaft für Soundästhetik verknüpft. Dabei spürt man deutlich, dass die Erfahrung aus hunderten Social-Media-Experimenten, Coverversionen und eigenhändigen Studioarbeiten in ein reiferes, fokussiertes Werk geflossen ist.
Im direkten Vergleich zu den früheren Arbeiten fällt auf: Wo „To Sing In French“ (2023) noch etwas ungeschliffen und fragmentarisch wirkte, überzeugt das gleichnamige Album nun durch einen roten Faden. Die Produktion ist klarer, die Arrangements sind dichter, und dennoch bleibt die Spontaneität erhalten, die Lucie Sue auszeichnet. Manche Hörer*innen mögen einwenden, dass die Wildheit ihrer ersten Aufnahmen nun gezügelter wirkt – doch genau in dieser Balance zwischen Energie und Struktur entfaltet das Album seine Stärke.
Bemerkenswert ist auch die Haltung, die in „To Sing In French“ mitschwingt. Es geht hier nicht um ein kalkuliertes Produkt, sondern um eine persönliche und künstlerische Emanzipation. Dass Richard Gamba (bekannt als Manager von Gojira) frühzeitig ihr Potenzial erkannte und sie unter Vertrag nahm, bestätigt, dass man es hier mit einer Künstlerin zu tun hat, die mehr will, als nur im eigenen Mikrokosmos zu glänzen. Der Auftritt auf der MainStage beim Hellfest zeigt bereits, wohin die Reise gehen kann.
Ehrlich gesagt: Wer auf der Suche nach dem nächsten revolutionären Meilenstein im Rock ist, könnte enttäuscht werden – dafür sind die Bezüge zu bekannten Vorbildern stellenweise zu deutlich. Doch wer ein authentisches, kraftvolles Debüt erleben möchte, das Herz, Haltung und handwerkliche Klasse vereint, wird hier fündig. Lucie Sue beweist mit „To Sing In French“, dass französischer Rock und Metal auch international mit Selbstbewusstsein auftreten kann.
Fazit: Ein Album, das überzeugt, weil es nicht Perfektion vorgibt, sondern Entwicklung hörbar macht. Das Album ist ein Debüt voller Energie, Haltung und Perspektive – und es macht Lust auf alles, was von Lucie Sue noch kommen wird.
Fotocredit: Xavier Ducommun