Wenn man über die Óbudai-Insel läuft, versteht man schnell, warum das Sziget Festival seit Jahrzehnten Kultstatus hat. Zwischen bunten Flaggen, improvisierten Chill-Spots am Wasser und kilometerlangen Laufwegen entsteht für sechs Tage eine Parallelwelt: die „Island of Freedom“. Dieses Jahr erlebten wir sie gemeinsam mit 416.000 anderen Besucher:innen – und zusammen mit dem Festivalteam feierten wir sogar den 11-millionsten Szitizen in der Geschichte von Sziget.
Tag 1 – erste Beats, rote Herzen und „brat“-grüne Outfits
Der erste Tag war noch angenehm temperiert und ideal, um ins Festival zu starten. Alessi Rose eröffnete die Main Stage mit sommerlich-leichten Popsongs und viel Charme. Noch war es überschaubar voll, aber die Stimmung locker – ein guter Warm-up-Moment, bevor das Festivaltempo spürbar anzog.

Am frühen Abend färbte sich die Main Stage dann in kräftige Rottöne, als Kiss Of Life ihre Show begann. Viele Fans waren eigens für die K-Pop-Gruppe angereist und verwandelten den Platz in eine kleine Fanzone, überall waren rote Herzen zu sehen. Ein klares Zeichen, dass K-Pop auf der „Island of Freedom“ schon längst einen festen Platz hat. Einen wahren Kontrast lieferte im Anschluss deutsche Rapperin Nura auf der Dropyard Stage und brachte eine durch und durch deutsche Show nach Budapest – mit Moshpit-Beauftragter Jana, einem Fan auf der Bühne für „Bongzimmer“ und einer Mischung aus Attitüde und Humor, die das Publikum sofort mitriss.
Die größte Crowd sammelt sich am Abend vor der Main Stage für Charli XCX. Ihr Auftritt selbst war eine geballte Energieentladung: pulsierende Beats, stroboartige Lichtwechsel und eine perfekt getimte Mischung aus alten Clubhits wie „Vroom Vroom“, „Unlock It“ und Songs ihres aktuellen „brat“-Albums. Ein besonderer Höhepunkt war der Apple Dance, bei dem die Kamera auf einen von Charli ausgesuchten Fan gerichtet wurde, der dann den berühmten Tiktok Tanz zu ihrem Song „Apple“ performte. Passend zu ihrem aktuellen Album beschlossen ihre Fans: heute tragen wir grün.
Auch abseits der Main Stage war der Abend vollgepackt: Papa Roach durch eine imposante Bühnenshow mit viel Pyrotechnik auf der Revolut Stage, bevor ALOK und Don Diablo die Bolt Arena in ein Laserparadies verwandelten. Empire of the Sun faszinierten mit ihren ikonischen Kostümen, die zwischen Fantasy, Glam und Sci-Fi changierten, und sorgten für eines der visuell beeindruckendsten Sets des Tages. Den Abschluss setzte schließlich The Dare, der das Revolut Zelt bis tief in die Nacht füllte – sein Set ging bis 3:10 Uhr morgens und ließ den Tag gleich zur ersten langen und intensiven Festivalnacht werden.

Tag 2 – kanadisches Flair, Geburtstagsparty und heiße Festivalenergie
Schon mittags war klar: Das wird der vollste Tag. In der Hitze – es kletterte auf über 35 Grad – warteten hunderte Fans vor der Main Stage, viele davon mit selbstgebastelten „Happy Birthday“-Schildern, denn Shawn Mendes feierte in Budapest in seinen 27. Geburtstag hinein. Die Stimmung war entsprechend schon tagsüber elektrisiert.
Doch bis dahin stand die Bühne ganz im Kanada-Theme: Den Anfang machten The Beaches, die mit ihrem energiegeladenen Indie-Rock sofort die ersten Tanzenden an die Absperrung zogen. Danach übernahm Nelly Furtado, die nicht nur den größten Main-Stage-Andrang des Tages hatte, sondern auch mit „Say It Right“ und „Promiscuous“ eine Welle Nostalgie über die Insel schwappen ließ.
Dann war es Zeit für Shawn Mendes – Superstar, Geburtstagskind, Headliner. Als er die Bühne betrat, brach die Menge endgültig in Jubel aus. Das Set war ein Feuerwerk aus Hits, Konfetti und vielen emotionalen Momenten. Tausende Stimmen sangen seine Songs mit, während Shawn sichtlich bewegt grinste und immer wieder betonte, wie besonders dieses Festival für ihn sei.
Abseits der Main Stage bot der Tag extreme Kontraste: Zwischen den Rock-Acts brachte Noga Erez auf der Revolut Stage eine intensive Mischung aus elektronischen Beats und prägnanten Rap-Passagen. Ihre Performance war kraftvoll und hypnotisch zugleich, jeder Song ein energiereicher Ausbruch, der die Crowd zum Mitwippen und Tanzen brachte.

Last Train brachte auf der Buzz Stage kraftvollen Indie-Rock mit melodischen Hooks, der die Menge sofort mitspringen ließ. KAMRAD folgte mit energiegeladenem Rock und eingängigen Melodien, interagierte intensiv mit der Crowd und steigerte so die ausgelassene Stimmung weiter. Die Revolut Stage rissen Justice mit ihrem mächtigen Elektro-Set nieder, während horsegiirL mit Pferdemaske eine surreale Underground-Stimmung im Yettel Colosseum verbreiteten.
Tag 3 – Nostalgie, Bühnenkunst und die Sonne über der Insel
Es blieb heiß, sehr heiß – knapp 36 Grad standen über der Insel. Wir hielten uns lange im Schatten, bis uns Ash Olsen doch an die Revolut Stage zog. Die Norwegerin gilt als eine der spannendsten neuen Stimmen im skandinavischen Hip-Hop und überzeugt mit ihrem energischen Rap am frühen Nachmittag.
Ein echtes Highlight waren dann The Kooks auf der Main Stage: Kaum eine Band ist so fest im kollektiven Indie-Gedächtnis verankert, und als „Naïve“ und „She Moves in Her Own Way“ erklangen, sang gefühlt die ganze Insel mit. Die Nostalgie schweißte Fans aller Altersgruppen zusammen – ein Moment, der an die Glanzzeiten der 2000er erinnerte.
Auf der Buzz Stage legte Ekkstacy danach einen düster-verträumten Auftritt hin, irgendwo zwischen Emo, Indie und Post-Punk. Der Kontrast zur Festivalstimmung draußen machte das Set umso intensiver: Blaue und violette Lichter tauchten die Bühne in eine Melancholie, die die Hitze des Tages fast vergessen ließ.

Am Abend wartete dann die vielleicht größte Überraschung: Blossoms inszenierten ihre Revolut-Show fast wie ein Theaterstück. Mit dramaturgischen Pausen, sorgfältigen Lichtstimmungen und fast schon filmischen Übergängen entführten sie das Publikum in eine eigene Welt. Man spürte, dass sie ihren Slot nicht als „einfaches Festival-Set“ verstanden, sondern als Chance, etwas wirklich Besonderes zu hinterlassen.
Den Headliner-Slot übernahm schließlich Kid Cudi – als Ersatz für A$AP Rocky, der einige Wochen zuvor abgesagt hatte. Cudi nutzte diesen Moment, als wäre es sein eigener Triumph: Mit „Day ’n’ Nite“ setzte er früh ein klares Ausrufezeichen, später folgten hymnische Tracks wie „Pursuit of Happiness“, die die Hitze des Tages in einen kollektiven Höhepunkt verwandelten. Visuell hielt sich seine Show eher minimalistisch, doch die Energie im Publikum trug den Auftritt und sorgte für einen schönen Abschluss auf der Mainstage.
Tag 4 – Politik, Tanz und elektronisch immersive Energie
Ein Tag voller Kontraste: Sevdaliza eröffnete die Main Stage mit einem hochpolitischen Set, in dem sie Krieg, Macht und Identität thematisierte. Ihr Auftritt war genauso viel Kunst wie Konzert. Danach fast ein Kulturschock: The Wellermen sangen ihre TikTok-viral gegangenen Shantys a cappella – und plötzlich klang die Island of Freedom nach Seemannslied.
Einer der absoluten Höhepunkte folgte am Abend: FKA Twigs auf der Main Stage. Ihr Auftritt war mehr Performance-Kunst als klassisches Konzert – eine Mischung aus avantgardistischem Tanz, betörender Stimme und atemberaubender Visuals. Mal wirkte es wie ein Ritual, mal wie ein futuristisches Ballett. Für viele im Publikum war das der beeindruckendste Moment des Tages.
Zwischen den großen Mainstage-Acts zogen auch Hermano Gutierrez auf der Revolut Stage viele Blicke auf sich. Die beiden Brüder saßen allein auf der Bühne, ganz ohne großes Drumherum und erschufen ihre Songs live mit Looping-Technik. Es war faszinierend zu sehen, wie sie mit minimalen Mitteln ein Publikum fesselten, das sonst von gigantischen Bühneninszenierungen verwöhnt war – ein intimer, handgemachter Gegenpol zum Festivaltrubel.

Auf der kleinen Jukebox Stage war Aiko der Beweis, dass Größe keine Frage der Bühne ist: Mit zwei Tänzerinnen und ihrer spanischen Drummerin brachte sie pure Energie und spielte natürlich auch ihren ESC-Hit „Pedestal„.
Spät am Abend zog Anyma auf der Mainstage die volle Aufmerksamkeit auf sich. Laser durchbrachen die Dunkelheit, während die großen LED-Wände der Bühne zwischen organischen und geometrischen Formen wechselten und die Crowd regelrecht einsogen. Wer näher an die Bühne ging, spürte, wie Sound und Bild verschmolzen und ein immersives Erlebnis wie in seinen typischen Sphere-Shows entstand. Von weiter hinten wirkte es wie ein futuristischer Film, doch mittendrin fühlte man sich Teil einer sich ständig wandelnden Licht- und Klanginstallation.
Nach dem visuell überwältigenden Set von Anyma übernahm RY X die Revolut Stage und veränderte die Stimmung komplett. Zwischen sanften Piano-Passagen und subtilen elektronischen Texturen entstand eine meditative Atmosphäre, die die Emotionen von Tag 4 noch einmal tief nachklingen ließ und einen ruhigen, doch eindrucksvollen Abschluss schuf.

Tag 5 – Japanischer Rock, düsterer Indie und mitreißende Crowd
Die Sonne brannte wieder vom Himmel, doch die Festivalcrowd ließ sich nicht bremsen. Den Auftakt auf der Revolut Stage machte Ecca Vandal mit explosiver Energie zwischen Punk, Rock und elektronischen Beats. Auf der Main Stage zog Isabel LaRosa allein mit purer Ausstrahlung und starker Bühnenpräsenz alle Blicke auf sich.
Dann betrat Zaho de Sagazan die Revolut Bühne und verwandelte den Nachmittag in eine hypnotische Traumwelt. Die live gespielten analogen Synthesizer bauten Schichten aus Klangflächen auf, verbunden mit Zahos Stimme und der Hitze im Zelt zog sie so die Crowd in einen tranceartigen Flow.
Auf der kleinen Buzz Stage tobte die Energie, als HANABIE., eine japanische FLINTA-Rockband, ihr Set startete. Schnell sammelte sich eine tanzende Masse um die Bühne, die kaum genug Platz fand, um die Geschwindigkeit ihrer Riffs und den Drive ihrer Harmonien zu erwidern. Die Begeisterung der Fans war greifbar und man spürte die rohe Kraft, die von der kleinen Formation ausging.

Auf der Revolut Stage brachte Fat Dog düsteren, dröhnenden Indie-Rock, der einen fast physisch packte. Die Bandmitglieder mischten sich immer wieder mitten in die Crowd, riefen zu Circle und Mosh Pits auf und verwandelten die Abendhitze in eine brodelnde, pulsierende Energie. Jeder Song fühlte sich wie ein kleiner Ausbruch an, der die Menge begeisterte.
Dann endlich der Headliner-Moment auf der Main Stage: Post Malone. Die Menge explodierte beim ersten Ton, ein Chor aus tausenden Stimmen, der jeden Refrain sofort aufnahm. Er spielte eine Mischung aus seinen größten Hits – von “Circles” über “Better Now” bis zu “Rockstar” – und ließ die Crowd bei jedem Song mitsingen, springen und tanzen. Er bewegte sich entspannt über die Bühne, interagierte mit Fans und schuf dennoch intime Momente, in denen die Menge für einen Augenblick völlig still wurde
Sofia Isella auf der Buzz Stage schloss den Tag mit einem radikalen, emotionalen Auftritt ab. Mit Schlamm beschmiert und provokativer Ansage „I want you to be ugly […] gross me out“, forderte sie ihr Publikum heraus und schuf ein Erlebnis purer Authentizität und Selbstbefreiung. Zwischen Gesang, Gestik und direktem Blickkontakt entstand eine intime Verbindung, die noch lange nach dem letzten Ton nachhallte.

Tag 6 – Letzte Hymnen, entspannte Vibes und ein pinkes Finale
Der letzte Festivaltag begann ruhig, die Insel wirkte entspannt, fast entschleunigt. Trotzdem spürte man überall die Vorfreude auf die letzten Stunden des Festivals.
Lucvat eröffnet am frühen Nachmittag die Main Stage mit treibendem, mitreißendem Pop-Rock, der sofort gute Laune verbreitet und einen perfekten Start in den letzten Festivaltag bot.

Kurz darauf nahmen Portugal. The Man die Bühne ein. Sie spielten tight und eingängig, jeder Song ein kleiner Hit, der die Festivalbesucher:innen zum Mitschunkeln brachte. Die siebenköpfige Band erzeugte eine warme, mitreißende Atmosphäre, die mit Hymnen wie „Feel It Still“ einen Moment kollektiver Freude schuf.
Auf der Revolut Stage zeigte Bartees Strange sein Genre-Kaleidoskop zwischen Indie, Rock und elektronischen Elementen. Jeder Song überraschte mit neuen Wendungen, und seine Performance strahlte eine kreative Energie aus, die den Tag noch einmal auflud.
Auf der Buzz Stage verströmte Kingfishr eine warme Atmosphäre mit sanften Indie-Klängen und melodischen Hooks, die perfekt zum entspannten Flow des letzten Festivaltags passte und viele dazu einlud, einfach im Takt mitzuschwingen.
The Last Dinner Party setzten auf der Main Stage auf Glamour, theatralische Inszenierung und mitreißende Songs. Ihre energiegeladenen Auftritte, kombiniert mit ausdrucksstarker Bühnenpräsenz und fantasievollen Outfits, zogen die Aufmerksamkeit auf sich und verliehen dem Nachmittag einen eleganten, lebendigen Glanz.
Den krönenden Abschluss auf der Main Stage lieferte Chappell Roan. Mit ihrem ikonischen 4-faced-Chappell-Look, glitzernden Projektionen. Sie eröffnete mit “Super Graphic Ultra Modern Girl”, das sofort die Aufmerksamkeit fesselte und die ersten Mitsing-Momente auslöste. Bei “HOT TO GO!” ließ sie die Bühne richtig explodieren – natürlich mit der passenden, mitreißenden Dance-Choreografie, die das Publikum zum Mitmachen animierte und die Energie auf ein Maximum brachte.
Den Abschluss von Chappells Set bildeten “Good Luck, Babe!”, “My Kink Is Karma” und schließlich “Pink Pony Club”, bei dem alle mitsangen, tanzten und das Publikum in ein pinkes, ekstatisches Spektakel verwandelten. Jeder Song pulsierte vor Energie, ihre Performance war lebendig, theatralisch und gleichzeitig nahbar – ein perfekter, strahlender Abschluss für sechs intensive Tage auf der Insel.

Schließlich rundete Casey Lowry den Tag auf der Buzz Stage kurz vor Mitternacht ab. Mit sanften, melodischen Pop-Songs und ruhiger, charmant-intimer Performance begleitete er die letzten Szitizens durch die späte Nacht, während die Sonne längst hinter der Insel verschwunden war und die Festivalwoche in einer friedlichen, entspannten Atmosphäre ausklingen ließ.
Sechs Tage, tausende Eindrücke und ein Festival im Umbruch
Festivaldirektor Tamás Kádár sprach im Vorfeld von einem Erneuerungsprozess – und man sah ihn: neue Districts wie Szoho (Street Culture) und Paradox (Performancekunst), ein starkes Nachtprogramm im Delta District, dazu Highlights wie das tägliche ZENIT Aerial Ballet neben Acts auf der Revolut Stage oder die Shows im Magic Mirror.
Am Ende waren es 1.073 Performances, unzählige Begegnungen und die Mischung aus großen Popmomenten, politisch-künstlerischen Auftritten und intimen Clubshows, die Sziget 2025 so besonders machten.
Wir gingen nach sechs Tagen müde, sonnenverbrannt, aber restlos begeistert von der Insel – und wissen jetzt schon: Das war nicht unser letztes Mal.
Schon jetzt kann man sich für den Vorverkauf registrieren und so als aller erstes Zugang zu den günstigen Full Festival Tickets im Super Early Bird Vorverkauf sichern. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Vorab-Registrierung sind unter www.szigetfestival.com zu finden.