Wenn eine Band es schafft, die Wucht eines Kneipenchors mit einem Indie-Garage-Sound zu kombinieren und dies in ein rundes Album zu gießen, dann ist es wohl PLAIINS. „Happy Faces“ ist eine Platte, die Referenzen von den Idles bis zu The Streets einsammelt und dennoch eine ganz eigene Note entwickelt.
Das PLAIINS zu den vielversprechendsten Namen der Indieszene gezählt werden verwundert wenig, wenn man sich den Werdegang der Band anschaut. Bereits seit 2022 liefert die von Sänger Chris Reardon gegründete Band verlässlich einen Smasher nach dem nächsten ab. So haben sich bereits über 20 Songs der Band auf Streamingportalen angesammelt, doch auf ein Album musste man bis jetzt warten. Und die gute Nachricht ist, das Album bricht nicht unter seinem aufgestauten Erwartungsdruck zusammen, sondern funktioniert von Track 1 bis 14.
Der Opener und Titelsong „Happy Faces“ ist schon ein Statement: ein schnell gezogener Indie-Punk-Knaller, der wie ein hymnischer Mutmacher klingt – bis die Hauptfigur immer weiter eskaliert und er nur noch „Happy dumbass faces“ brüllt.
„Happy Faces ist ein energiegeladener, ungestümer Indie-Punk-Song, der die Widersprüchlichkeit seines Protagonisten beleuchtet – einerseits die Überzeugung, dass ein fröhliches Gesicht eine positive Sicht auf die Welt fördert und Mut bedeutet, sich ins Unbekannte zu stürzen, andererseits die Gefahr, in Heuchelei abzurutschen, wenn man es übertreibt“, Sänger Chris Reardon.
Spätestens bei „Be More Animal” lässt sich die Herkunft von Sänger Reardon dann nicht mehr verleugnen. Die Nummer besticht durch seinen ganz schnoddrigen Mike Skinner Style, lässt aber deutlich mehr Wucht und Melodie durchschimmern als es The Streets auf „The Darker the Shadow the Brighter the Light„, hinbekommen haben. Und mit „Hotel Buscuits“ macht man ganz ähnlich weiter, denn die Nummer klingt wie die beste The Hives Single seit circa 15 Jahren. Doch wir wollen uns nicht im Referenzen Reigen verlieren, denn eine Nummer wie „Amazon Warehouse” taugt dann direkt als wahrer Keytrack für PLAIINS und ihren eigenen Style.
Was alle 14 Nummern auf dem Debütalbum eint, ist ihre unbändige Energie, wie sie einem auch in „Do One“ begegnet. Thematisch eine Art Tagebuch schrulliger Begegnungen mit der Musikindustrie. Irgendwo zwischen hektischen Breaks, verschachtelten Riffs und einem BTS-/Blackpink-Moment aus der allerersten Demoversion lacht die Band sich selbst schlapp – und genau das spürt man als Hörer.
Ohnehin lässt die Band immer wieder ihren feinen Humor durchschimmern, wie in dem genialen „Sports Bar“. Ein Spottlied auf Sports-Fanatismus, das zugleich so liebevoll gezeichnet ist, dass man sich am Ende doch mit Stadionbier in die Fankurve seines Herzensvereins sehnt.
Was „Happy Faces“ letztendlich aus dem Meer von unzähligen Indie-Debüt-Alben herausstechen lässt, ist seine ungewöhnliche Vielschichtigkeit und Themenvielfalt. Dabei wird es nie plump oder anbiedernd, wie die Nummer „Row She Said“ beweist. Der Track funktioniert als mehrschichtiger Kommentar gegen rechten Nationalismus. Kein stumpfer Punk-Parole-Song, sondern ein poetisches, offen interpretierbares Stück, dessen Text zwischen britischen Brexit-Erfahrungen und deutschen Perspektiven changiert.
Und wem neben all diesen großartigen Songs noch der außergewöhnliche Moment fehlt, der bekommt diesem im letzten Drittel mit „C’est La Vie“ geliefert. Ein verdammt cooler Midtempo Song mit orchestraler Bridge.
PLAIINS machen auf „Happy Faces“ einfach ihr Ding. Und das ist verdammt gut. Die Platte biedert sich zu keinem Zeitpunkt an und belohnt den aufmerksamen Zuhörer mit Humor, Haltung und wunderbarer Mucke. Ein klarer Anwärter für die Jahresbestenlisten.
Fotocredit: Arne Beschorner