Manchmal schreibt die Musikgeschichte ein Comeback, das so unwahrscheinlich wirkt, dass man sich mehrfach versichern muss, dass es nicht nur ein gut getimter PR-Stunt ist. Doch The Revenge of Alice Cooper ist echt. Nach über 50 Jahren kehrt die Originalbesetzung der Alice Cooper Band – zumindest weitestgehend – zurück. Und das Album ist nichts Geringeres als ein Statement.
Der Opener „Black Mamba“ zischt zunächst zwar giftig durch die Boxen, doch das flüsternde Keifen von Cooper bildet nicht mehr als ein Intro. Jedoch ein stimmiges, denn was folgt ist unverwüstlicher Rock, der vertraut und frisch zu gleichen Teilen klingt. „Wild Ones“ und „Up All Night“ begeistern mit großartigen Riffs und Texten voller Zynismus.
Die in Cooper Songs schon immer allgegenwärtige Theatralik schält sich in dem genialen Keytrack „Kill the Flies“ erstmals so richtig heraus. Die Nummer kann durchaus als eine Art Sequel zur „Ballad of Dwight Fry“ angesehen werden. Und auch „One Night Stand“ beweist, dass der Spuk aus der Feder von Alice Cooper nie vorbei ist – er klingt hier aber durchaus raffinierter und moderner als je zuvor.
Das große Kunststück der Platte ist ohnehin, altbekannte Zutaten so zu kombinieren, dass das ganze frisch klingt. Im ersten Viertel gelingt dies hervorragend. Doch dann folgt mit „Blood On The Sun“ eine epische Nummer, die über einen balladesken Einstieg ihren unvermeidlichen Weg zum Classic Rock nimmt. Mit ihrer über sechsminütigen Spielzeit sticht die Nummer zwar klar heraus, aber in der zweiten Songhälfte passiert für meinen Geschmack zu wenig, um den Track vor der Skip-Taste zu bewahren.
Uptempo Nummern wie „Famous Face“ oder „Money Scream“ funktionieren in dieser Zusammenstellung dann überraschenderweise doch noch einen Tick besser. Und erst recht, wenn Michael Bruce bei „Famous Face“ selbst ans Mikro tritt, denn dann bekommt das Album einen zusätzlichen Vintage-Twist, der wunderbar ins Gesamtbild passt: fünf Freunde, die noch einmal zusammenkommen – aber nicht um zu verwalten, sondern um zu verwandeln.
Zum Schluss der Besprechung möchte ich dann noch explizit die Produktion herausheben. Alice Coopers langjähriger Weggefährt Bob Ezrin setzt die Band genau in den richtigen Ton. Analog, live, ungeschliffen – ein organischer Sound, der sich wohltuend von der klinischen Glätte heutiger Rockproduktionen abhebt.
Fotocredit: Jenny Risher