Am Sonnabend spielte Ed Sheeran sein erstes Deutschlandkonzert in diesem Jahr in der MHP Arena in Stuttgart. Für zwei ausverkaufte Konzerte ist er in Stuttgart, bevor er kommende Woche drei Konzerte im Hamburger Volksparkstadion spielen wird. Im September wird er in Düsseldorf die Mathematics-Tour abschließen, die er im April 2022 in Dublin begann.
Den Beginn machte Tori Kelly. Die US-amerikanische Singer-Songwriterin performte für eine halbe Stunde, danach Myles Smith für eine Dreiviertelstunde. Dem Briten gelang im vergangenen Jahr mit „Stargazing“ der Durchbruch. Und auch in Stuttgart kam er gut an. Von Anfang an sorgte er für Stimmung im Publikum und strahlte Freude aus, auf dieser Bühne zu sein. Zusammen mit seiner Band, insbesondere dem Gitaristen Joe Devine, der die gesamte Zeit über lächelte und sichtlich Spaß hatte.
Dann war es Zeit für Ed Sheeran. Auf einer großen runden Leinwand wurden die letzten 10 Minuten bis zum Beginn als Countdown runtergezählt. Bei den letzten zehn Sekunden schrie die gesamte Halle. Mit „Castle on the Hill“ begann der Brite sein rund 2,5 Stunden langes Konzert, bei dem er 29 Lieder sang. Sheeran performt bei seiner Mathematics-Tour auf einer 360-Grad-Bühne, bei der er teilweise erhöht in der Mitte steht, oder am Rand wie auf einem Laufband im Kreis läuft. Das bedeutet: Egal wo man im Stadion sitzt oder steht, man hat immer einen guten Blick auf den Sänger. Über ihm war eine Videoleinwand, genauso wie neben der Bühne plektrumförmige Leinwände. Bei einigen Liedern gab es zudem Laser.
Mit den rockigen „Blow“ heizte Sheeran dem Publikum ordentlich ein. Und das wortwörtlich mit Flammen während des Songs. Mit „Shivers“ folgte einer der aus dem Radio bekannten Songs.
Danach erzählte der Rotschopf davon, wie ihm geraten wurde, die deutschen Fans für sich zu gewinnen. Dass dies zwar lange dauernd würde, aber wenn er sie auf seiner Seite habe, die deutschen Fans loyal sein. Seine Ansprache war für „The A Team“, der Song, mit dem ihm damals der große Durchbruch gelang. „Ich habe den vor leeren Räumen gespielt und sogar bei den Wetternachrichten. Als ich anfing, begannen die Credits zu laufen und ich bin nichtmal zum ersten Refrain gekommen. Aber heute komme ich bis zum Refrain.“
Mit „Don’t“ und „Lego House“ kamen zwei Songs vom Divide-Album und Plus. Danach spielte Sheeran Sapphire, seine neue Single, die auch auf dem Album Play sein wird, das im September erscheint.
Statt aus seinem Album „Subtract“ nur wie gewohnt die erste Single „Eyes Closed“, in dem es um den Tod seines besten Freundes geht, zu spielen, bekam Stuttgart auch „Life Goes On“, was er seit 2023 nicht mehr live gespielt hat. Sheeran sagte einmal, dass die Songs vom traurigeren und düsteren „Subtract“ nicht auf die große Mathematics-Bühne passen würden, eben, weil die Lieder so traurig seien.
Mit „Give me love“ folgte ein Fan-Favorit von Plus. Danach holte er Tori Kelly auf die Bühne, um ihren gemeinsamen Song „I Was Made For Loving You“ zu singen. Vor der Tour haben sie dieses Lied nie live zusammen gesungen.
Im Anschluss an das ruhige Duett folgte ein zehn Minuten langes Mashup vom Album Nr 6 Collaborations Project: Mit „Take Me Back to London“, „River, Peru“, „2step“, „Cross Me“, „Beautiful People“, „South of the Border“, „Own It, I Don’t Care“ wurde es stimmungsvoll und schnell. Für das Mashup kam Sheerans Band wieder zum Einsatz. Die Bandmitglieder sind nicht mit auf der runden Bühne, sondern sitzen auf fünf einzelnen Bühnen außen herum. Vor der Mathematics-Tour habe Sheeran diese Songs nicht gespielt, weil sie nicht dafür geschrieben wurden, um alleine auf einem Loop-Pedal gespielt zu werden. Deshalb hat er für diese Tour eine Band dabei.
Mit „Celestial“ wurde der vom Pokemon-Spiel bekannte Song in diesem Jahr wieder in die Setlist aufgenommen.
Für „Galway Girl“ und „Nancy Mulligan“ kam Alicia Enstrom aus seiner Band auf die Bühne, um Sheeran an der Geige zu begleiten. Dabei zog sie die Aufmerksamkeit auf sich, denn während Sheeran in der Mitte stand, lief sie bei „Galway Girl“ außen herum. Bei „Thinking Out Loud“ wurde es wieder ruhiger.
Dass Sheeran nicht nur für sich selber Songs schreibt, sondern auch für andere Artists schreibt, betonte er mit dem nächsten Song: Er coverte Justin Biebers „Love Yourself„, nicht ohne die Aufforderung, am Ende die „eigentlichen Lyrics“ zu singen, also statt love yourself ein Schimpfwort mit F.
An seine geplante Setlist hielt er sich nicht unbedingt. Weil er auf einem Sign gesehen hatte, dass sich jemand „I See Fire“ wünscht, spielte er es, „Sorry an das Lied, was eigentlich auf der Setlist jetzt dran gewesen wäre“, lachte er. Mit dem Lied aus dem „Hobbit“-Soundtrack schaffte er damals den Durchbruch in Deutschland. Seitdem spielt er es eigentlich regelmäßig für seine deutschen Fans.
Mit „Old Phone“ kam ein weiterer Song von „Play„. Sheeran erzählte, dass er für zwei Gerichtsverfahren sämtliche technischen Geräte abgeben musste, um zu beweisen, dass er nicht plagiiert habe. Die Verfahren hat er beide gewonnen. Und auf seinem alten Handy Textnachrichten und Fotos gefunden, die ihn zu diesem melancholischen und nachdenklichen Song inspiriert haben.
Danach spielte er zwei Lieder, die wohl jeder in der Stuttgarter Arena kannte: Photograph und Tenerife Sea.
Es gab eine weitere Änderung: Wegen eines anderen Signs entschied er sich dazu, „Supermarket. Flowers“ zu singen. Das Lied hatte er für die Beerdigung seiner Großmutter aus der Perspektive seiner Mutter geschrieben. Seit 2018 hat er es nicht mehr performt. „Dieser Song bedeutet mir viel. Und er bedeutet meiner Familie viel. Es ist ein schmerzhafter Song.“ Sheeran möge ihn nicht spielen, wenn sein Bruder da ist, weil es ihn traurig mache. Oder wenn seine Mutter da sei, weil es sie traurig mache. „Und es macht mich selbst traurig.“ Mit seinem Keyboarder geprobt habe er den Song vorher auch nicht. Spontan legte Sheeran seine Gitarre ab und sang so. Während des Liedes fing er an zu weinen, auf den Videoleinwänden sah man Tränen über sein Gesicht laufen. Und auch in der Crowd.
Dass es den Sänger sichtlich mitnahm, merkte man auch daran, dass er ohne etwas zu sagen direkt anschließend bei „Perfect“ in der Mitte stand, anstatt wie sonst auf seiner drehenden Bühne herumzulaufen.
Bei „Bloodstream“ wurde es wieder heiß, mit noch mehr Feuer als bei „Blow“.
Das Set endete mit Afterglow, bei dem im zweiten Teil die Menge im Duett mit Sheeran sang.
Die Encore bildeten vier Songs: Der Klassiker „You Need Me I Don’t Need You“, das neue „Azizam“, „Shape Of You“ und „Bad Habits“, bei dem Sheeran die Menge aufforderte, beim Refrain mitzuspringen und das mit einem lauten Feuerwerk endete.
Fotocredit: Mark Surridge