Ghost sind längst mehr als nur eine Rockband – sie sind ein popkulturelles Gesamtkunstwerk. Mit Impera erreichten Tobias Forge und seine namenlosen Ghouls die Spitze der Rockwelt. Das filmisch inszenierte Ende von Papa Emeritus IV im Kinofilm Rite Here Rite Now und die dramatische Einführung von Papa V Perpetua auf einem Billboard in Las Vegas zeigten: Ghost beherrschen die große Bühne wie kaum jemand sonst. Und Skeletá, das siebte Studioalbum, stellt unter Beweis, dass Forge auch musikalisch weiterhin bereit ist, neue Wege zu beschreiten – wenn auch mit Feingefühl und Bedacht.
Der Albumtitel ist Programm: Skeletá steht für das Wesentliche, das Reduzierte – für das, was bleibt, wenn man sich von allem Überflüssigen befreit. Forge hat angekündigt, dass dies sein persönlichstes Album sei, und das hört man: Thematisch dreht sich alles um Verlust, Liebe und Vergänglichkeit. Doch anstatt sich in düsteren Soundexperimenten zu verlieren, kleidet Ghost diese Themen in ein kraftvoll opulentes Gewand, das sich mutig zwischen Retro-Stadionrock und okkultem Poptheater bewegt.
Der Opener „Peacefield“ legt den Grundstein für diesen Ansatz: Ein unheimlicher Kinderchor, Orgelklänge und eine Hook, die an die große Geste der 80er erinnert. Der Song ist ein hymnischer Start, der sofort ins Ohr geht und deutlich macht: Auch wenn es hier persönlicher zugeht, bleibt die Inszenierung auf gewohnt hohem Niveau.
Die Single „Satanized“ überzeugt mit ihrer Mischung aus eleganter Melodik und schaurigem Charme, während „Cenotaph“ und „Marks Of The Evil One“ eingängige Riffs und eingespielte Strukturen mitreißend neu interpretieren. Wer Ghosts typische Klangsprache liebt, wird hier bestens bedient – und gerade in ihrer Vertrautheit liegt eine gewisse Stärke. Forge beweist, dass er seine musikalische Vision längst gemeistert hat und sich auch innerhalb bekannter Muster weiterentwickeln kann.
Ein Highlight ist ohne Frage „Umbra“ – hypnotisch treibend, veredelt durch eine markante Cowbell und ein Gitarrensolo, das gekonnt zwischen Pathos und Virtuosität balanciert. Auch die Balladen „Guiding Lights“ und „Excelsis“ zeigen Ghost von einer atmosphärischen, fast filigranen Seite. Gerade letzterer Track nimmt sich mit über sechs Minuten Spielzeit Raum zur Entfaltung – und nutzt diesen für emotionale Tiefe und cineastische Klangfarben.
Spannend sind für mich folgende Titel: „Lachryma“ bringt mit seinen druckvollen Gitarren, dem mitreißenden Refrain und einem triumphalen Solo noch einmal ordentlich Schub, während „De Profundis Borealis“ mit peitschendem Drive und dunkler Dramatik den perfekten Abschluss liefert. Hier klingt Forge stimmlich wieder voll präsent – wie ein Anführer, der trotz aller Schatten seinen Weg kennt.
Fazit: Mit Skeletá legen Ghost ein starkes, stimmiges Album vor, das ihre Entwicklung konsequent fortschreibt. Es ist kein radikaler Umbruch, sondern eine organische Weiterentwicklung – persönlicher, reflektierter, aber nicht weniger opulent. Tobias Forge zeigt, dass er als Songwriter und Visionär nichts von seinem Gespür für große Gesten und zugängliche Dunkelheit verloren hat. Skeletá mag keine Revolution sein, aber es ist ein weiteres eindrucksvolles Kapitel im immer größer werdenden Ghost-Kanon.
Fotocredit: Ghost by Mikael Eriksson