Manchmal fühlt sich gute Musik an wie eine Umarmung – genauso ist es mit „Du Weißt Es Doch Auch Nicht„, der Debüt-EP von weesby. Mit charmantem Indie-Pop und scharf beobachteten Texten nimmt uns Dorothee Möller mit auf eine Reise durch den Alltagswahnsinn zwischen Selbstoptimierung, Erschöpfung und der ewigen Frage, ob hier überhaupt jemand weiß, wie das Leben funktioniert. (Antwort: natürlich nicht.)
Lyrisch bewegt sich weesby verdächtig nah an der Schule von Wir sind Helden – klug, bissig, aber nie verbittert, stattdessen charmant und alltagsnah. Und auch die Klangfarbe in der Stimme von Möller ähnelt Judith Holofernes. Musikalisch spielt weesby allerdings (noch) nicht in derselben Liga, aber das ist gar nicht schlimm. Ihre Songs sind lange nicht so ausproduziert wie beim vermeintlichen (?) musikalischen Vorbild, besitzen jedoch genau das richtige Maß an Verspieltheit, um nicht in Belanglosigkeit zu versinken.
„Selbstopti“ ist wohl der heimliche Hit der EP – eine augenzwinkernde Abrechnung mit dem Selbstoptimierungswahn, der immer mehr zur Pflichtübung wird. „Schon ok“ setzt sich mit den eigenen, nagenden Selbstzweifeln auseinander und „Lieber mit dir“ schafft es, ein Liebeslied zu sein, das weder kitschig noch platt daherkommt – eine Kunst für sich.
Produziert wurde die EP gemeinsam mit Timon Schempp, und man hört, dessen Liebe zum Detail. Der Sound bleibt angenehm unaufgeregt, aber manchmal wünscht man sich, weesby würde sich noch ein bisschen mehr trauen. Die Einflüsse von Bands wie Jenobi und Die Höchste Eisenbahn blitzen durch, doch der ganz große Wurf fehlt noch. Aber das kann ja noch kommen – „Du Weißt Es Doch Auch Nicht“ klingt zumindest nach einer Künstlerin, die sich erst am Anfang ihrer Reise befindet.
Review: Marc Erdbrügger
Fotocredit: Ingo Stahl