Mit einem 28-sekündigen Snippet einer Songskizze geht die Hamburger Künstlerin jolle im Januar innerhalb von wenigen Tagen auf TikTok viral. Der Video-Schnipsel generiert über 1 Millionen Views und so beschließt jolle kurzerhand, den Song so schnell wie möglich zu releasen. „alle märchen sind gelogen“ erscheint bereits heute independent und mit einem dazugehörigen Musikvideo, das jolles künstlerisches Schaffen auch auf visueller Ebene auf das nächste Level hebt. Vor einer märchenhaften Kulisse in Aufsehen erregenden Kostümen performt die talentierte Newcomerin ihre eingängigen Strophen und entführt uns spätestens jetzt in eine Welt, die sich magisch und entzaubert zugleich anfühlt.
Während die Welt um uns herum nach und nach ein Stückchen zu bröckeln scheint, versucht jolle nicht nur mit der drohenden Dystopie umzugehen, sie kämpft auch tagtäglich mit den Herausforderungen des Erwachsenwerdens. Mit ihrer unverkennbaren, brüchigen und zugleich samtweichen Stimme erzählt uns jolle von zerplatzten Träumen sowie gescheiterten Kindheitshelden und releast mit „alle märchen sind gelogen“ den Soundtrack einer ganzen Generation. Mit Zeilen wie „Mich zieht die Schwerkraft Richtung Boden / Und trotzdem schaue ich hoch“ gelingt es jolle sowohl den andauernden Weltschmerz als auch eine diffuse Zuversicht einzufangen und ihre zerrissenen Gefühle gekonnt in lyrisches Gold zu verwandeln.
„Ich glaub die Welt ist nicht verloren /
Wenn doch, dann sag’s mir bitte nicht /
Kopf an den Wolken angestoßen /
Wart‘ auf den Blitz, bis er mich trifft„
Der reduzierte Beat mit wummerndem Bass und sphärischen Synth-Elementen stammt von Leon Milla und Bomblys und schafft den für jolles poetisch-melancholische Lyrics nötigen Raum, um nachhaltig zu wirken. Zwischen dem Gefühl, ständig zu scheitern, so sehr sie sich auch bemüht, zwischen erfundenen Märchen und schmerzhafter Realität – genau dort hält jolle an dem letzten Funken Hoffnung fest und schenkt uns mit „alle märchen sind gelogen“ ein musikalisches Manifest für den Rest Eskapismus, der uns noch bleibt.
„Ja alle Märchen sind gelogen / Doch diese Welt ist nicht verloren„
Hier könnt ihr die Singlen hören und sehen.
Fotocredit: Laura Keimel (April 2024)