Manchmal muss es einfach knallen. The Murder Capital wissen das, und mit „Blindness“ liefern sie genau das: eine Platte, die keine Kompromisse kennt, voller Dringlichkeit und roher Energie. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängeralben müssen die Songs hier nicht mehr mühsam erarbeitet werden – sie gehen direkt ins Ohr, wie bereits die Vorab-Veröffentlichungen eindrucksvoll bewiesen haben. Das dritte Album der Dubliner Post-Punk-Formation ist also eine Kampfansage, here we go…
Schon der Opener „Moonshot“ setzt den Ton: Eine lärmende Wand aus Drums und Gitarren, ein Startsignal, das sich nicht um schleichende Aufbauten kümmert. Direkt im Anschluss dröhnt „Words Lost Meaning“ aus den Boxen, ein Stück, das die Schwermut von Joy Division mit der treibenden Kraft von Fontaines D.C.verbindet. Tief gestimmte Gitarren, Basswellen, die in den Magen fahren – eine düstere Katharsis.
Doch auf Strecke ist „Blindness„ mehr als nur ein dröhnender Post-Punk-Orkan. The Murder Capitalbeweisen mit jedem Track, dass sie keine Angst vor Experimenten haben. „Can’t Pretend to Know“ prescht als zackiger Rock-Hymnus mit aufjaulenden Gitarren nach vorne, während „A Distant Life“ mit funkigen Grooves und einer referenziellen Nähe zu den Britpoppern von Blur überrascht. Wer es gerne atmosphärisch hat, der wird mit „The Feeling“ bestens bedient.
Die neue Rezeptur die The Murder Capital bei der Arbeit an „Blindness” angewandt haben, lässt die Band völlig im Moment leben und existieren. Eingespielt in nur wenigen Tagen, ohne Vorab-Demos und langatmige Songwriting Prozesse. Die Folge ist, dass dort wo die Band früher immer zu verkopft klang, nun der Fokus auf absoluter Unmittelbarkeit liegt. Produzent John Congleton hat scheinbar genau die richtigen Knöpfe bei der Band gedrückt, um eine neue kreative Schaffensphase einzuläuten. Ein Ansatz, der sich bezahlt macht. Jeder Track atmet Spontaneität, jede Zeile von James McGovern wirkt ungefiltert und direkt aus dem Innersten geboren.
Thematisch bewegt sich „Blindness„ zwischen Zerrissenheit und persönlichen Reflexionen. „Love of Country“etwa seziert die Problematik eines falsch verstandenen Patriotismus. „How could you blame a soul for living / In a world built to escape?!“, fragt McGovern, während sich die Instrumentierung in einer bedrückenden Schwere aufbaut. „Trailing a Wing“, der sanfte Closer, wirkt dagegen wie ein melancholisches Durchatmen.
Mit „Blindness„ erklimmen The Murder Capital die nächste Evolutionsstufe ihrer Bandentwicklung. Ob es der Band den endgültigen Durchbruch beschert? Das steht noch in den Sternen. Fest steht aber: Wer das hier hört, wird nicht mehr wegsehen können
Review: Marc Erdbrügger
Fotocredit: Promo-Shot