Böhmermann ist schuld! Diese Aussage sehen die Besucher beim Betreten des Innenraums der LANXESS Arena auf einem riesigen roten Vorhang vor der Bühne. In dem gleichnamigen Lied findet man vieles, an dem er angeblich schuld ist… aber an diesem Abend ist er zumindest nur schuld, dass die Zuschauer wohl größtenteils zufrieden nach Hause gegangen sind.
Am Dienstagabend versammelten sich Hunderte von Fans in der LANXESS Arena in Köln, um das Konzert von Jan Böhmermann und dem Rundfunktanzorchester Ehrenfeld (RTO) zu erleben – und sie wurden nicht enttäuscht. Der Innenraum der Halle war sehr gut gefüllt, auch die Ränge waren ordentlich besetzt, was die Dimension dieser Halle zeigte. Trotz der langen Schlangen vor der Halle, die bei frostigen Temperaturen um den Gefrierpunkt für eine kurze Verspätung von ca. 15 Minuten führte, konnte das Publikum die Wartezeit gut überbrücken und freute sich auf das, was kommen sollte.
Eröffnung durch das RTO
Der Abend begann mit einem Intro, das mit der Stimme des 2022 verstorbenen William Cohn vermutlich per KI nachgestellt wurde. Nach dem Fallen des großen Vorhangs begann das Orchester und man konnte das Bühnenbild mit dem großen „Eisern Ehrenfeld“-Logo im Hintergrund sehen.
Das 15-köpfige Orchester war auf verschiedenen Ebenen verteilt, mit einer großen Treppe in der Mitte. Die ersten Minuten stand das Orchester im Mittelpunkt und nach den ersten Eindrücken betrat Böhmermann die Bühne. Der Abend begann mit dem Lied „Faschismus is back“ und machte direkt deutlich, dass dieser Abend wie zu erwarten auch immer wieder wichtige politische Botschaften liefern würde. Jan Böhmermann begrüßte die Kölner zu seinem Heimspiel und erzählte, dass sein Mathelehrer ihm einst geraten hatte, mit dem Singen im Unterricht aufzuhören – heute spielt er jedoch in der LANXESS Arena vor Tausenden von Menschen.
Giovanni Zarella und Interaktionen
Ein Highlight des Abends war der Gastauftritt von Giovanni Zarella, der das Publikum mit seiner charmanten Art eroberte. Zarella brachte die Zuschauer zum Mitmachen: Die gesamte Halle klatschte, als er gemeinsam mit Jan und dem RTO „Azzurro“ von Adriano Celentano coverte. Jan Böhmermann sorgte zwischen den einzelnen Sets immer wieder für kleine „Stimmungchecks“, bei denen er das Publikum einbezog und dafür sorgte, dass keine Langeweile aufkam. Während er nach und nach durch die Setlist ging, u. a. mit seinen Liedern als Polizistensohn, dabei aber natürlich auch der ESC-Song „Alemanne Zero Points“. Immer wieder suchte Böhmermann das „Gespräch“ mit den Fans, trotz dieser riesigen Location – so reagierte er z. B. immer wieder auf kurze Zwischenrufe aus dem Publikum.
Das Rundfunktanzorchester: Vielfältige Klanglandschaften
Das Rundfunktanzorchester, unter der Leitung von Lorenz Rode, sorgte für einen beeindruckenden musikalischen Rahmen. Mit zwischenzeitlich 24 Personen auf der Bühne – darunter 15 Musiker:innen, Backgroundsänger:innen und Böhmermann selbst – wurde der Konzertabend zu einer klanglichen Entdeckungsreise. Der Sound war abwechslungsreich – von klassischen Instrumenten wie Trompete, Geige und Posaune bis hin zu modernen Klängen von Synthesizer und E-Gitarre. Immer wieder gab es zwischen den Songs gemeinsam mit Böhmermann auch Momente, in denen er dem Orchester die Bühne überließ und die Musiker:innen sich austoben konnten. Böhmermann selbst war immer wieder inmitten der Orchestersegmente zu finden, und die gesamte Show hatte ohne Zweifel zahlreiche Musical-Einflüsse. Nicht verwunderlich, da Jan in seinem Podcast „Fest & Flauschig“ kein Geheimnis daraus macht, ein großer Musical-Fan zu sein.
Kritische Songs und Gastauftritte
Ein kritischer Song, der besonders hervorzuheben ist, war „Warum hört der Fahrradweg hier einfach auf?“, ein satirischer Kommentar zur unzureichenden Fahrradweginfrastruktur in Köln und anderen Städten. Das Kölner Publikum bestätigte die Beispiele, z. B. an der Dürener Str. in Köln, mit großem Applaus. Böhmermann scheute sich nicht, auch politische Themen aufzugreifen und das Publikum zum Nachdenken anzuregen – eine Mischung aus Humor und Gesellschaftskritik, die den Abend prägte. Die Liste der Gastauftritte an diesem Abend ging noch weiter. Neben Giovanni Zarella wurde auch Rapper Dendemann für zwei Lieder auf die Bühne gerufen – ein weiteres Highlight, da Dendemann lange Teil von Böhmermanns Fernsehsendung war. Doch der wohl bewegendste Moment war der Gastauftritt von Wolfgang Niedecken (BAP), der zur Zugabe das legendäre Lied „Verdammt lang her“ spielte. Böhmermann hatte sichtlich Spaß, als er Niedecken vom Bühnenrand beobachtete.
Publikum und Atmosphäre
Das Publikum war äußerst vielfältig – so wie man Köln eben kennt. Von jungen Leuten über Eltern mit Kindern bis hin zu Großeltern war jedes Alter breit gefächert – ein klares Zeichen dafür, dass Jan Böhmermann mit seiner Show und Musik übergreifend begeistert. Die Verlegung aus dem Kölner Palladium in die riesige LANXESS Arena funktionierte – die Halle tat der Stimmung keinen Abbruch.
Fazit
Das Konzert dauerte insgesamt etwa 2,5 Stunden und bot eine Mischung aus Comedy, Musik und politischer Satire, die sowohl Fans von Jan Böhmermann als auch Musikliebhaber unabhängiger Genres auf ihre Kosten kommen ließ. Damit war Böhmermann wie anfangs geschrieben zumindest an diesem Tag maximal schuld an einem tollen Konzertabend in Köln. Köln war erst der zweite Halt der großen Eisern Ehrenfeld Tour – wer die nächsten Wochen Lust auf einen abwechslungsreichen Konzertabend hat, sollte unbedingt eine der weiteren Shows mitnehmen.
Fotocredit & Review: Fabian Hafels