Am 30.11.2024 kehrte das größte Indoor-Festival Norddeutschlands zurück auf das Messegelände in Hannover. Die Rede ist von der dritten Ausgabe des Fairground Festivals, welches auch in diesem Jahr wieder unter dem Leitsatz Free Authentic Iconic Rave einlud eine einzigartige Partynacht zu erleben. Der Andrang war immens, sodass das Festival einen Tag im Voraus den Status ausverkauft vermelden konnte. Was das letzte Festival des Jahres zu bieten hattet, erfahrt ihr in unserer Live-Review.
Wie in den vergangenen drei Jahren auch, konnte man die regionale Bedeutung des Festivals direkt an der Eingangstür ablesen. Hannover und das Umland strömten in Massen zu den Messehallen. Ab 18 Uhr wärmten die ersten Acts wie Hendriks, Dropixx oder Ben Clock b2b Marcel Dettmann die Bühnen auf. Wer nicht vor Ort sein konnte, hatte ab 19 Uhr die Möglichkeit dem Arte Livestream zu folgen. Vor Ort gab es dieses Jahr eine zusätzliche Halle, die der Harder Styles Stage ihr eigenes Domizil spendierte inklusive hergerichteter Entertainment Area. Letztere versprach Verpflegung und Unterhaltung in Form von einem Autoscooter und einem Raupenkarussel, die für Jahrmarktfeeling vom Feinsten sorgten. Damit bekam das Festival mehr Platz und man konnte sich, nach einer ersten kurzen Orientierungsphase, freier durch die drei Hallen bewegen, was bedeutete, dass es nach der Ankunft auf eine erste Entdeckungstour ging, angefangen in der Halle mit dem Autoscooter.
Coone erinnerte auf der neuen und schön gemachten Harder Styles daneben, wie es in den guten, alten Zeiten der 90er ohne die vielen Möglichkeiten durch Social Media und Unterhaltung zuging. Man erlebte einfach alles im hier und jetzt, sodass der DJ mahnte dieses Festival ebenso in volle Zügen wahrzunehmen wie damals, und die Nacht des Lebens zu verbringen. Mit diesen beschwingenden Worten ging es in die neue Techno Area. Hier gab es neben der bekannten, großen Techno-Stage, die hinzugefügte, kleinere Classic Techno sowie die neue Community Stage zu bestaunen. Für die Nacht des Lebens war es eine gute Adresse sich an Hi-Lo zu wenden, der nichts anderes tat als abzuräumen. Hi-Lo, der vielen als Oliver Heldens geläufiger sein dürfte, überzeugte mit seinem Techno-Pseudonym auf voller Länge. Mit ausgereiften Tempi-Wechseln und spannend gestalteten Übergängen vergingen seine anderthalb Stunden Playtime wie im Flug und sorgten für Gänsehaut.
Bevor es auf die Mainstage zu Headliner Boris Brejcha ging, sollte man noch einmal einen Schritt zurück zur Halle vier machen, denn hier konnte man die letzte Viertelstunde von Mr. Hardstyle himself Brennan Heart erleben. Auf dem Fuße folgte das niederländische Duo Sub Zero Project. Das Publikum nahmen sie euphorisch mit durch ihre eingebauten Snippets von „Kernkraft 400“ oder „Titanium„. Eine angemessene Lautstärke und visuelle Highlights taten ihr übriges um eine gelungene Show zu zelebrieren. Besonders die deepen Passagen ließen das Publikum jedes Mal jubilieren. Mit guter Laune ging es erstmal so richtig zur Hauptbühne, auf der das deutsche Ausnahmetalent Boris Brejcha nun sein Können servierte. Der Erfinder des High-Tech Minimals wusste ganz genau, wie er sein Publikum zu behandeln hatte, und ging mit gutem Vorbild voran. Bemerkenswert war, dass man aufgrund seiner Bühnenpräsenz ihm seinen Spaß an dem Auftritt trotz der Maske vom Körper ablesen konnte. Er feierte genauso wie die Leute auf der ausgefüllten Hauptbühne. Der Sprung aufs DJ Pult gegen Ende und ohne Maske markierte das Highlight der Ekstase. Erwähnenswert war zudem auch hier eine beachtliche Light- und Lasershow, die absolut sehenswert war.
Währenddessen zeichnete sich auf der Harder Styles das absolute Highlight für uns ab. Radical Redemption, ebenfalls ein Landsmann der Niederlande war für einen Auftritt für die Ewigkeit angereist, allerdings nicht alleine. Denn er wurde von einem 25-köpfigen Orchester, seinem Orchester der Ewigkeit, begleitet. Dieses fuhr das gesamte Klassik-Programm auf, welches gekonnt mit Hardstyle-Elementen kombiniert wurde. Beeindruckend wurden vor allem bekannte Songs der Filmwelt, wie Themes aus „Fluch der Karibik“, „Jurassic Park“ oder „Star Wars“ orchestral begleitet. Der 34-jährige trat dabei nicht nur als DJ an den Turntables in Erscheinung, sondern dirigierte das Orchester sicher durch den viel zu kurzen Auftritt. Dieses einmalige Erlebnis, wie es im Outro bezeichnet wurde, hätte man sich gerne doppelt so lange angesehen und angehört. Den Abschluss bildete das klassische Stück aus Griegs Schauspielmusik „Peer Gynt“, welches mit seiner Klimax endete und für enorme Begeisterung sorgte. Die Fusion aus Hardstyle und Orchester hatte etwas sehr Innovatives an sich und machte Spaß für Ohren und Augen. Damit können wir eine riesige Empfehlung für Radical Redemption and his Orchestra of Eternity aussprechen.
Um drei Uhr bestätigte sich mit Charlotte de Witte einmal mehr die Hochkarätigkeit des Line-Ups. Die belgische Techo-Queen stand bereits zum dritten Mal in Folge auf der größten Bühne. Sie brachte wieder ihren einzigartigen Vibe in die Halle und sorgte für eine exzellente Atmosphäre zum Feiern. Unter den absenkbaren Scheinwerferelementen mit zusätzlichen Leuchtröhren breitete sich das losgelöste Gefühl einer Großraumdisco aus. Mit unter anderem Berghain-Resident Kobosil oder Oliver Heldens konnte man in der Folge noch die Nacht zum Tag machen.
Wie lautet also die Bilanz des letzten Novembertages, vor allem wie ist die Entwicklung in Bezug zu den ersten beiden Ausgaben zu bewerten? Vieles vom Fairground Festival war richtig gefällig und eine deutliche Steigerung zu den beiden Vorjahren. Das aktualisierte Raumkonzept bot viel mehr Entfaltungsmöglichkeiten, eine vergnügsame Entertainment Area und es entstand meistens nicht das Gefühl, dass die einzelnen Plätze überfüllt gewesen wären. Ganz im Gegensatz dazu erschienen sämtliche Schlangen, die sich vom Einlass bis zu den Toiletten immer wieder unangenehm bemerkbar machten. Im Vergleich zu den vielen Verbesserungen und Upgrades blieb es hier immer noch ziemlich mau. Wenn man versuchte die sanitären Einrichtungen nicht allzu oft aufsuchen, erlebte man ein wertiges Festival, was in der Lage war, in einer hochklassigen Liga in puncto Line-Up und Veranstaltungstechnik, grundsätzlich mitzuhalten. Wir freuen uns darauf den weiteren Werdegang des Festivals 2025 mitzuerleben.
Fotocredit: Chris Wharton / onelastpicture