Die nächtliche Stadt hinter einer vom Regen verwischten Scheibe – mit diesem Bild beginnt das Musikvideo zu „In the middle of a bottomless river“, der dritten Single zum Album „Sleepless“ von tinie creatures. Eine gewisse Melancholie steckt drin, eine Verlorenheit, verbunden mit diesem leicht schiefen Lächeln, weil das Leben nun mal weitergeht, solange es weitergeht.
Verträumt und nachdenklich ist es, als letzter Song einer extrem vielseitigen Platte auch bewusst als Ruhepol gesetzt. „In the middle of a bottomless river“ hat etwas zu erzählen, beschreibt ein Gefühl, muss sich damit aber nicht beeilen. Der Song lässt sich Zeit und gibt uns als Zuhörenden damit auch mal einen Moment, um inne zu halten, wenn alles drumherum ohnehin rast. Zwei atmosphärische Gitarren und ein minimalistisch arrangiertes, aus der Ferne herüberklingendes Klavier führen uns durch diese nächtliche Stadt und legen das Fundament für die Erzählung einer vielleicht schon verlorenen Freundschaft. Während „Sleepless“ als Album sich auch viel mit gesellschaftskritischen und existenziellen Themen beschäftigt, ist „In the middle of a bottomless river“ eine sehr persönliche Geschichte. tinie creatures aka Schauspieler und Musiker Thomas „Tom“ Brandt stellt sich hier die Frage, was von dieser Form von Liebe noch existiert, wenn sie doch eigentlich nur in Bildern der Vergangenheit zu suchen ist.
Die anfänglich erwähnten Bilder des dazugehörigen Videos entstanden zusammen mit dem Filmemacher Emanuel Malzew, mit dem Brandt eine Freundschaft aus Jugendjahren verbindet. So wie es ein persönliches Stück ist, ist es auch eine persönliche Bildgeschichte, die nicht umsonst auch in der Heimatstadt der Beiden aufgenommen wurde. Brandt nimmt uns mit in ein mal nächtliches, mal sonniges, mal verregnetes Bremen und führt uns mit einem lakonischen Lächeln und einer Prise Leichtigkeit durch seine Erzählung von Freundschaft und Einsamkeit.
Thomas „Tom“ Brandt aka tinie creatures sucht auf dem ersten Longplayer „Sleepless“ verschiedene Wege, an den Wirrungen der Welt nicht zu verzweifeln und auch immer wieder zur Leichtigkeit zu finden. Der gelernte Schauspieler, Musiker und Songwriter aus Köln gibt sich dabei weder musikalisch, noch textlich mit eindimensionalen Sichtweisen zufrieden, sondern beleuchtet die Themen aus verschiedenen Blickwinkeln. Allem inne liegt eine tiefe Liebe zum Detail, die sich in allem widerspiegelt, was der Kölner anfasst. Persönliche Geschichten bereiten dabei die Bühne für universelle Themen, verweben die Emotionen musikalisch und textlich, um die Zuhörenden auf unterschiedliche Art zu berühren.
So etwa „Sleepless“: der erste Vorbote und Opener des Albums zeigt die Facetten der Schlaflosigkeit auf und findet dabei Raum für Verzweiflung, aber auch Hoffnung, laute und leise Töne.
Politische Themen und soziale Gerechtigkeit sind für Brandt immer wichtig, werden hier aber subtil und reflektiert behandelt. „War“ setzt sich mit der Absurdität des Krieges aus der Sichtweise eines Post-Mauerfall-Millennials auseinander, der in der scheinbaren Sicherheit aufwuchs, dass Krieg etwas Fernes sei. „House with crooked windows“ erzählt unemotionalisiert die Geschichte einer geflohenen Person, die von den inzwischen nicht mehr existierenden Orten berichtet. Ein weiteres zentrales Thema auf „Sleepless“ ist der Tod und die ehrliche Auseinandersetzung damit – denn das passiert laut Brandt in der Gesellschaft einfach deutlich zu wenig. Ob „Fire“, die kraftvolle Reflexion einer Person am Lebensende, „On the dancefloor“, das den drohenden Tod mit einer ungewohnten Leichtigkeit aus freundschaftlicher Perspektive behandelt, oder „When they lay me down“, das die Frage stellt, was man hinterlässt – jeder Song nähert sich dem Thema von einem anderen Blickwinkel und bleibt dabei nie einseitig.
Auch musikalisch bleibt das Album selten an einer Stelle. Musik und Text gehen Hand in Hand und so schimmern immer wieder verschiedenste Einflüsse durch, während das Projekt als ganzes sich nicht leicht definieren lässt. So erinnern Brandts gelegentlich präzise eingesetzter Kopfstimmen-Gesang und virtuos gespielte Gitarre an Jeff Buckley, während an anderer Stelle poppige, teils hymnische Melodien zwischen John Mayer und Wishbone Ash sowie nachdenkliche Töne im Stile von Sophie Hunger oder Radiohead erklingen. Groovige, an die Red Hot Chili Peppers erinnernde Parts treffen auf kleine Progmomente à la Porcupine Tree.
Während tinie creatures als Soloprojekt startete, lebt das Projekt dennoch von einem familiären Kreis, der auch auf „Sleepless“ zu hören ist. So spielte und sang Brandt das Album größtenteils selbst ein, aufgenommen wurde es aber von den langjährigen Wegbegleiter*innen Freda Ressel und Bertin Wagner. Ressel steuerte zudem einige Bassparts und Gesänge bei, während Wagner an zusätzlichen Gitarren, Bass und Trompete zu hören ist. Für Mix und Master zeichnete sich Daniel Roesberg (seines Zeichens Schlagzeuger von Lygo) verantwortlich, mit dem Brandt ebenfalls schon im Rahmen einiger Projekte zusammenarbeitete. Zum Albumrelease geht die tinie creatures in Bandbesetzung auf Tour.
Bisher bestätigte Termine:
NEU: 20.09.2024 Maxsain, Aller’s Wiesenhof
21.09.2024 Köln, Kolbhalle
23.09.2024 Essen, Rabbit Hole Theater
24.09.2024 Bremen, Litfass
25.09.2024 Hannover, Nordstadtbraut
27.09.2024 Leipzig, EG125
Zwischen Verspieltheit, der Liebe zu kleinen Details und großen Melodien – tinie creatures ist das Musikprojekt des Schauspielers, Musikers und Songwriters Thomas „Tom“ Brandt. In Bremen geboren, spielte Brandt in verschiedenen Bands, bevor er in Leipzig Schauspiel studierte und anschließend ein Engagement am Schauspiel Köln annahm. Dieser Werdegang hat auch seine Musik maßgeblich beeinflusst, der eine Vielseitigkeit und manchmal fast theatralische Dramaturgie innewohnt.
2020 als Soloprojekt gegründet, begleiten Brandt bei tinie creatures nun seit zwei Jahren meist ein kleiner Pool an MitmusikerInnen, allen voran Bassistin und organisatorisches „Gehirn der Operation“ Freda Ressel sowie Multi-Instrumentalist Bertin Wagner. Das Trio hat auch das am 20.9.2024 erscheinende Album „Sleepless“ zusammen in Eigenregie aufgenommen. Ob Konzert oder auf Platte – wer die vielschichtigen Songs hört, wird immer wieder von kleinen Wendungen und Details überrascht, die Musik behält nie eine und dieselbe Farbe.
tinie creatures versteht sich als Spielwiese und lässt sich nicht einfach auf etablierte Genres festlegen. Vergleiche sind schwer zu ziehen, doch natürlich hört man Brandts Einflüsse an verschiedenen Stellen durch. So ist da immer wieder der präzise eingesetzte Kopfstimmen-Gesang, der manchmal, zusammen mit dem virtuosen Gitarrenspiel etwa an einen Jeff Buckley denken lässt. Es gibt die fast schon hymnischen Parts, die Popmelodien zwischen John Mayer und Wishbone Ash und, das Nachdenkliche, manchmal um die Ecke gedachte, zwischen Sophie Hunger und Radiohead. Groovige, an die Red Hot Chili Peppers erinnernde Parts treffen auf kleine Progmomente a la Porcupine Tree.
Und so bleibt tinie creatures auch im Denken beweglich. Dem Zeitgeist gegenläufig, wird weder in der Musik noch in den Texten nach einer einfachen Lösung gesucht. Brandt behandelt in seinen Lyrics persönliche Themen wie Ängste, Verluste und das immer wieder Aufstehen, aber auch Sujets wie Flucht, Krieg und Entwurzelung.
Nach zahlreichen Konzerten in ganz Deutschland, u.a auch im Vorprogramm von Aynsley Lister, Nathan Evans oder Adam French ist die tinie creatures-Crew im September mit ihrem Album „Sleepless“ auf Tour.
Bildquelle: tinie creatures by Mirko Borscht