Die Antilopen Gang trug schon immer den Punk im Herzen und den Hip-Hop auf der Zunge. Mit Alles muss repariert werden verbindet die Band nun diese beiden Welten auf dem ersten „Hälfte-Rap-Hälfte-Punk„-Doppelalbum der Musikgeschichte. Und dabei handelt es sich nicht, wie man es in der Vergangenheit bereits erleben durfte, um Neuinterpretationen im Punkgewand, sondern ausschließlich eigene 100%-Punk Songs.
Der Tanz auf mehreren Hochzeiten funktioniert bei der Antilopen Gang seit jeher. Und so ist es auch bei diesem Album keine Verwunderung, dass Koljah, Panik Panzer und Danger Dan sich weit weg von jeglicher Peinlichkeit bewegen und trotz ihrer musikalischen Vielfalt ein sehr stringentes Album erschaffen. Dabei gilt, Struktur durch Format. Die ersten beiden Albumseiten widmen sich vollkommen dem Rap, während die C und D-Seite dem Punk öffnen.
Als Opener fungiert das zart instrumentierte „Nichts für immer”, welches genau jenen melancholischen Vibe heraufbeschwört, den man an den ruhigeren Antilopen Songs lieben gelernt hat. „Traumtänzer und Schönmaler” lebt dann den typischen Hip-Hop Vibe aus, bevor man mit „Oktober in Europa” ein bereits bekanntes Highlight setzt. Das Stück thematisiert den wiedererstarkenden Antisemitismus und die Band legt damit einen salzigen Finger in einige offensichtliche Wunden. Und ganz egal wie man sich positioniert, kann man den Track als eine bewusste Absage an Hass und Intoleranz verstehen. Sowie einen Aufruf zur Wachsamkeit und gleichzeitige Warnung an falsche Ignoranz. Natürlich hat der Track bei seiner Veröffentlichung für scharfe Kontroversen gesorgt und selbst die TAZ war sich nicht sicher, wie man diesen Track nun einordnen sollte. Und dass man “sogar von der Springer Presse gehyped” wurde, lässt einen erst Mal an seinem eigenen Verstand zweifeln. Aber irgendwo werden sich schon noch ein paar Hater finden, denen man „Sympathie für meine Hater” vorsorglich entgegenschmettern kann. Diese genial aufgebaut Hip-Hop Nummer ist so entwaffnend, dass man jedem Gegner erst einmal den Wind aus den Segeln nimmt. Und bei allem Ernst, finden sich dann auch Nummern („Direkter Vergleich”, „Wenn das hier vorbei ist”) die einfach richtig Groove ausstrahlen und ordentlich den Schalk im Nacken tragen.
Nach dem erwartbar gelungenem Hip-Hop Part, stellt sich nun die Frage, wie sich die Band bei reinen Punk Nummern schlägt. Aber auch hier ist es keine Überraschung, dass die drei auch in diesem Genre funktionieren. Dabei legen sie das Spaßlevel noch eine Stufe höher und drehen in manchen Momenten komplett frei („Oberbürgermeister”, „Aal”). Thematisch bleiben die Punk Nummern überraschend unpolitisch, aber von Grund auf sympathisch. Denn Nummern wie „Ich helfe nicht bei Umzügen”, könnten natürlich aus unser aller herzen entsprungen sein. Und auch der sehr offensichtlich Madsen Geschichte Rip Off „Weg von Hier” macht auch einfach Laune.
Natürlich erfindet sich die Antilopen Gang auf „Alles muss repariert werden” nicht neu und das erste „Hälfte-Rap-Hälfte-Punk“-Doppelalbum der Musikgeschichte ist dabei auch nur die logische Fortführung der Antilopen Gang an sich. Aber wenn es so gut klingt, wie es das eben tut, dann gehen wir diesen Weg sehr gerne weiter mit.
Fotocredit: Danny Koetter
Review: Marc Erdbrügger