Eine Buchreview beim Frontstage-Magazin ist ebenso selten wie ungewöhnlich. Zuletzt wurde hier „Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 kg auf der Waage“ vom Feine Sahne Fischfilet Frontmann Monchi besprochen. Natürlich geriet dieses Buch in unseren Fokus, da der Autor einen musikalischen Hintergrund mit sich brachte. So ähnlich verhält es sich nun auch bei „Strudia – Kampfkunst für den Kopf” von Wolfgang Müller. Und auch wenn der Name weniger prominent erscheint, ein lesenswertes Buch. Über das es sich zu sprechen – respektive schreiben – lohnt.
Wolfgang Müller ist schon lange nicht mehr DER Geheimtipp. Im Oktober erscheint bereits sein neuntes Studioalbum, er ist Mitbegründer der Kinderlieder Reihe Unter meinem Bett und er betreibt mit wahnsinniger Leidenschaft sein eigenes Label FRESSMANN. Seine klugen Texte finden dabei nicht nur Zugang in seine Musik, sondern auch hin und wieder den Weg in den Spiegel. Die Frage des literarischen Debüts, war also nur eine der Zeit. Und diese Zeit ist nun gekommen.
Dabei war ich zunächst äußerst skeptisch, als ich Wolfgang Müllers „Strudia“ zur Hand nahm. Denn das Hauptthema, Angststörungen, betrifft mich glücklicherweise nicht persönlich, und ich war unsicher, ob ein Ratgeber zu diesem Thema für mich überhaupt von Interesse sein könnte. Doch meine Skepsis verflog ebenso schnell, wie ich das Buch durchgelesen hatte. Und ich bin wahrlich kein Schnell-Leser. Und erst recht kein Konsument von Ratgeberliteratur. Doch hier verhält es sich etwas anders, denn Müller versteht es sein erzählerisches Talent so auszugestalten, dass man schnell vom scheinbaren Unbeteiligten zum interessierten Leser transformiert.
Müllers Erzählweise ist dabei humorvoll, feinfühlig und steht mit beiden Beinen knietief in der Popkultur. Und wahrscheinlich ist es genau das, was mir an „Strudia” so gefallen hat. So würde man dem Werk nicht gerecht werden, wenn man es auf seinen Ratgeber Anteil reduziert, denn „Strudia” ist darüber hinaus ein autobiografisches Seelen-Roadmovie. Das seltsame Wort „Strudia” steht dabei für strukturierte, disziplinierte Abgrenzung und könnte treffender nicht beschrieben werden wie im Zusatztitel „Kampfkunst für den Kopf“. Es geht hierbei um eine besondere Form der Visualisierung von Angst. Wenn man dem Autor glauben darf, zeichnet sich diese Methode durch eine besondere Effektivität aus. Zudem beschreibt er sie als einen revolutionären Ansatz im Umgang mit psychischen Problemen. Dabei hat Müller gar nicht die Exklusivität dieses Ansatzes gepachtet. Direkt zu Beginn des Buches beschreibt er, wie er durch seine Freundin Anna auf diese Form der Bewältigung gestoßen ist. Und ebenso wie Anna ihm helfen konnte, zieht Wolfgang Müllerseine Motivation daraus, anderen Menschen mit ähnlich gelagerten Problemen einen Handlungsleitfaden an die Hand zu geben. Die zahlreichen Referenzen des Buches, von Ted Lasso über Game Of Thrones bis hin zu Johnny Cash oder Yann Martel sorgen nicht nur für Unterhaltung, sondern gestalten einem die Reise durch Müllers Kopf als äußerst zugänglich.
Alle, die mit Ängsten, Depressionen, Zwangsgedanken oder ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben, bekommen hier vielleicht einen Ansatz geliefert, der Ihnen ein bisschen weiterhilft. Und auch wenn es einem in diesem Zusammenhang zunächst unpassend erscheint, das Buch unterhält auch ungemein und trägt gleichzeitig dazu bei, seinen Horizont zu erweitern, falls man sich noch nicht mit dem Thema Angst auseinandergesetzt hat.
Alle Formate sind über den Buchhandel sowie über alle üblichen Online-Marktplätzen wie Amazon, Thalia oder Weltbild erhältlich. Weiterhin besteht die Möglichkeit direkt über die Homepage von Wolfgang Müller zu bestellen.
Mehr Infos unter www.strudia.de
Taschenbuch 140 Seiten:
ISBN 978-3-00-078334-0
E-Book:
ISBN 978-3-00-078335-7
Hörbuch 134 Minuten Digital
ISBN 978-3-00-078336-4
Hörbuch 134 Minuten Doppel-CD
ISBN 978-3-00-078337-1
Review: Marc Erdbrügger
Fotocredit: Anna Kuhnt