Es war einmal eine, von Bergen gesäumte Stadt, die außerdem noch Fluss, See und einen Flugplatz zu bieten hat. Klar ist die Rede hier vom wunderhübschen Interlaken im Berner Oberland in der Schweiz. Denn genau hier, auf dem Flugplatz findet jährlich, in der heutigen Festivalwelt besuchertechnisch eher etwas Kleines, aber wirkungstechnisch etwas ganz, ganz Großes statt. Das Greenfield Festival. Dieses Jahr auch schon die 18. Ausgabe mit rund 84 Tausend Besuchern und Besucherinnen. Und wo man am ersten Tag noch gedacht hat: Ach das wird schön, jetzt noch volle 3 Tage, da haben wir ja noch jede Menge Zeit – so ein Quatsch, der letzte Tag kommt dann doch immer schneller als gedacht. Also hier ist er, der Bericht von Tag 3.
Samstag:
Auf die 12 – so hat der letzte Tag vom Greenfield für uns und alle anderen Besucher*innen begonnen, denn Paleface Swiss aus Zürich haben das Publikum mit sattem Deathcore Sound ordentlich wachgerüttelt und noch einmal für den restlichen Tag gewappnet und gebührend aufgewärmt. Hier wurde auch schon fleißig der Steg genutzt, der für das große Finale an die Bühne angebaut wurde.
Ähnlich heftig und laut ging es dann mit Thy Art is Murder aus Australien weiter. Nochmal Deathcore, der den Fans sichtlich Spaß gemacht hat, ich muss aber sagen, die Schweizer Vorgänger von Paleface Swiss haben mir sowohl musikalisch als auch sympathietechnisch deutlich besser gefallen.
Auch wenn sich die Schweiz für mich durch einen Au Pair Aufenthalt, viele viele Urlaubstage und natürlich durch das Greenfield Festival mittlerweile auch wie eine kleine Heimat anfühlt, so war es doch auch schön durch Montreal aus Hamburg ein bisschen nordischen Wind zwischen den ganzen hohen Bergen zu spüren. Ist immer wieder ein heimeliges Gefühl, wenn die Jungs auf der Bühne stehen und Jung, Alt, Groß und Klein mit flottem Schnack und Songs zum Mitsingen zum Ausrasten bringen.
Apropos Ausrasten, das ist auch das Motto wenn The Interrupters spielen – denn dann tanzt das ganze Infield. Die machen das einem aber auch wirklich leicht, dass man die gern hat. Musik ist top und die komplette Band einfach ein Sonnenschein. Dass die Spaß haben, an dem was sie da oben auf der Bühne machen, das merkt man vor allem Sängerin Aimee und Gitarrist Kevin an, die die gute Laune von der Bühne einfach bis in den entlegensten Winkel auf dem Gelände transportieren. Sie haben uns durch ihren mitreißenden Gig auch direkt ruckizucki zum nächsten Highlight auf katapultiert. Dieses Mal auf der Eiger Stage.
Underoath aus Florida. Kannte ich vorher nicht, haben mich aber von den ersten Klängen an mitgenommen und die könnte ich mir durchaus vorstellen mal bei einer eigenen kleineren Clubshow zu sehen. Die Band kombiniert nämlich wirklich geschickt schwere und melodische Elemente aus den Bereichen Post- und Metal Core.
20:35 Uhr dann: Stagetime Kraftklub.
Passend zum Auftritt haben sich Himmel und Berge nochmal in ganz besonderes Licht geschmissen. Die wollten uns wohl allen eben auch noch einen unvergesslichen dritten Greenfield Abend bescheren. Überraschung gelungen! Auch Kraftklub sind wie immer weit über ihre Grenzen hinausgeschossen und haben einen derart energetischen Auftritt hingelegt, dass wirklich das komplette Areal, also zumindest die Menschen darauf, außer Rand und Band waren. Aber nicht nur Banger wie „Ich will nicht nach Berlin“ oder „Randale“, wo sämtliche Sachen durch die Luft geflogen sind, waren absolute Highlights, die Performance von „Kein Liebeslied“ mitten im Publikum hat nochmal alles getoppt. Da haben nicht nur die Berge, eingetaucht in die letzten Sonnenstrahlen des Tages, geleuchtet, sondern auch sämtliche Handylichter im Publikum. Es war wie immer das reinste Vergnügen mit Kraftklub.
Wie es meistens so ist mit den schönen Dingen im Leben, sie gehen vorbei. So langsam und allmählich neigt sich auch das Greenfield Festival 2024 dem Ende entgegen. Aber natürlich nicht ohne ein letztes Ass im Ärmel: Green Day. Die große Freude auf den Auftritt der Punker aus Kalifornien, mit mittlerweile Kultstatus, war auf dem Flugplatz deutlich spürbar, ja fast schon mit bloßen Händen einzufangen. Auch wenn ich die Tage vorher öfter mal aufgeschnappt habe, dass die Band Green Day hier nicht jedermanns Fall ist. Kleiner Fact am Rande übrigens: Billie Joe, Mike & Tré waren auch bei der allerersten Ausgabe vom Greenfield Festival im Jahr 2005 dabei. Also quasi auch ein Mini Heimspiel und Revival für die drei.
Und dass die von Minute Eins an Spaß auf der Bühne und mit uns als Publikum hatten, das haben sie uns merken lassen. Ich habe sie ja erst ein paar Tage zuvor in Hamburg auf der Trabrennbahn gesehen, was schon mehr als schön war, aber hier in Interlaken haben sie einfach nochmal doppelt und dreifach abgeliefert. Angefangen indem Frontmann Billie viel mit dem Publikum geredet hat, selbst wie ein kleines Honigkuchenpferd gestrahlt hat, sich über die Aussicht gefreut hat und sich sehr herzig bei allen Fans dafür entschuldigt hat, dass sie fast „When I come around“ ausgelassen hätten, weil sie es in der Setlist übersehen haben – haben sie dann aber natürlich noch hinten drangehängt und die Masse hat’s gefeiert.
Crowdsurfing war selbstverständlich inklusive – und das am laufenden Band. Eine junge Dame hat es wohl durch diese Aktion auch mal kurz auf die Bühne raufgeschafft, wurde dann aber von den Securities schnell wieder eingefangen und entfernt. Absolut liebenswert die Reaktion von Billie Joe, kurz mal aufgelacht und dann mit den Worten kommentiert: „Don’t kick her out“.
Ein wirklich würdiges letztes Konzert, was da auf der Jungfrau Stage gute zweieinhalb Stunden (gefühlt waren es gerade mal 20 Minuten) stattgefunden hat. Krönender Abschluss natürlich der Klassiker „Good Riddance“. Zum Heulen schön – alles, nicht nur der wunderbare Gig von Green Day, sondern auch einfach mal wieder das ganze Greenfield Festival.
Deswegen nun zum Abschluss ein Zitat von Green Day aus „Good Riddance“ für das Greenfield Festival 2024:
„So take the photographs and still frames in your mind
Hang it on a shelf in good health and good time
Tattoos of memories, and dead skin on trial
For what it’s worth, it was worth all the while„
Danke Greenfield, auf nächstes Jahr!
Fotocredits: Johanna Lippke