Einatmen, ausatmen und dann aus vollen Halse mitsingen? Könnt ihr ja mal versuchen. Aber „RIOT“, das vierte Studioalbum des Münchner Trios Blackout Problems, lässt euch nicht viel Zeit zum durchatmen. Es ist mitreißend, es ist traurig, es ist düster, es ist euphorisch, es ist laut, es ist leise – es ist im Prinzip alles, was Blackout Problems über die letzten 10 Jahre definiert hat, aber doch ist es irgendwie anders. Stärker, reifer, wuchtiger, emotionaler.
„RIOT“ klingt wie eine tanzbare Symphonie aus Weltschmerz, Selbstreflexion, Aufbruch und dem unstillbaren Durst, die Welt ein kleines bisschen bunter zu machen. Glaub an dich, sei du selbst und vergiss nicht, dein Leben zu leben. Blackout Problems haben es schon immer geschafft, unglaublich mitreißende und unter die Haut gehende Texte zu schreiben. Was das betrifft, knüpft „RIOT“ ohne Zweifel nahtlos an das mittlerweile drei Jahre alte Vorgängeralbum „DARK“ an. Und doch ist seitdem viel passiert, was man als Zuhörer erleben und fühlen kann, wenn man die 11 neuen Tracks hört.
Der Bassist der Band, Marcus Schwarzbach, vor kurzem im Interview zu uns: „In vielen Ländern der Erde herrscht Krieg und die Welt geht vor die Hunde. Da brauchen wir kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Auch persönlich ist in den vier Jahren viel passiert und wir sind durch eine krasse Krise gegangen.“ Die Band hat sich während der Pandemie eine Pause genommen und ist bewusst auf Abstand gegangen. Jedem tat ein gewisser Freiraum gut – insbesondere nach der intensiven Albumrelease-Phase von „DARK“, die gerade hinter der Band lag. Break ja – aber immer mit der Gewissheit im Hinterkopf, dass man am Ende wieder zueinander finden würde. „Was schließlich auch passiert ist – bis auf eine Person. Deshalb ist das Album auch sehr autobiographisch“, sagt Bassist Marcus und spricht dabei von Michael Dreilich, dem ehemaligen Schlagzeuger, der die Band 2022 verlassen hat. Das Kernkonzept des Albums „Our flame won’t get any smaller if you feed it with oil“ beschreibt „RIOT“ deshalb insofern sehr gut, als dass sich Blackout Problems von nichts und niemand in ihrem grenzenlosen Hunger, die Menschen durch ihre Songs mitzureißen und zu berühren, stoppen kann.
Dieser unermüdliche Drive der Band wird sofort beim ersten Song der Platte spürbar. Für „DNA“ haben sich Blackout Problems Leoni Klinger (Umme Block) mit ins Boot geholt, um gemeinsam zu verkünden: Leute, da sind wir. Legt den Kochlöffel aus der Hand, lasst alles stehen und liegen, schnallt euch an und ab geht’s. Mit Vollgas nach vorne Richtung friedlichem Aufstand, wie die Band ihre Mission selbst beschreibt.
„Whale“, der zweite Song der Platte, legt direkt eine Schippe drauf und bohrt noch tiefer. „I feel like a whale – Stranded on the shore of England – I’m out of place – And feel like I don′t belong here“. Der Song thematisiert das Gefühl, sich in einer Welt wiederzufinden, in die man nicht reinpasst – sei es aus gesellschaftlichen oder politischen Gründen. Blackout Problems sehen es als Personen des öffentlichen Lebens als ihre Verantwortung, zu politischen und gesellschaftlichen Angelegenheiten Stellung zu beziehen. Bassist Marcus sagte dazu im Interview mit uns: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es uns heutzutage nicht mehr leisten können, nichts zu sagen. Es gibt genug wichtige Themen, die schief laufen. Ich finde, jede Person sollte sich dazu äußern. Ich finde es heute ein bisschen schwierig, nichts zu sagen, weil man denkt, es sei zu kompliziert, Stellung zu beziehen“. Sicherlich wäre es bequemer den Mund zu halten. Aber das Leben ist halt nicht immer bequem.
Sänger und Gitarrist Mario Radetzky sagt über „RIOT“, dass es das ehrlichste und mutigste Album ist, dass Blackout Problems bisher geschrieben haben. „RIOT“ ist ein Tagebuch und diese persönliche Note erklärt einmal mehr, wieso Songs wie „Puzzle“, „Funeral“ oder „Blackroom“ so krass unter die Haut gehen. Nicht zuletzt liegt das natürlich auch an der unverwechselbaren Stimme von Sänger Mario.
Einzigartig, eindringlich, atmosphärisch – es gibt eine ganze Reihe Adjektive, die für Blackout Problems erfunden wurden. Das haben nicht nur die vielen Fans der Band schnell gecheckt, sondern auch andere Bands, die das Münchener Trio selbst als ihre Idole bezeichnet. Aktuell supportet das Trio Enter Shikari, von denen sie selbst schon seit vielen, vielen Jahren bekennende Fans sind. Als wäre das nicht schon Ritterschlag genug, verleiht Rou Reynolds, Frontmann von Enter Shikari, „GLOFS“ mit seinem Feature quasi die Kirsche auf der Sahnehaube.
„RIOT“ ist ein Rundumpaket. Es stimmt nachdenklich und kratzt alte Wunden auf. Gleichzeitig schallert es dir ein Gefühl von „Steh auf und mach’s halt!“ in die Ohren und macht einfach Bock zum Tanzen. Sympathisch, ehrlich, endringlich. Wer KEIN Bock auf 11 neue Ohrwürmer hat, dem ist „RIOT“ absolut nicht zu empfehlen. Allen anderen: HAVE FUN!
Tracklist:
1. DNA (feat. Leoni Klinger & UMME BLOCK)
2. Whales
3. Trouble
4. Stash
5. Puzzle
6. Funeral
7. Golfs (feat. Rou Reynolds)
8. Blackroom
9. Talktome
10. Tiredice
11. Talktome (II)
Fotocredit: Bernhard Schinn