Ronjas Musik erzählt Geschichten von Heimweh und Fernweh, ist zugänglich und herzlich. Mal hauchzart und leise, im nächsten Augenblick entfaltet sie sich in einer orchestralen Breite, durchwoben von zeitloser Poesie. In Vorbereitung auf ihre bevorstehende Tour haben wir Ronja einige Fragen gestellt.
Frontstage Magazine: Die „Heimweh-Fernweh-Tour“ verspricht eine musikalische Reise durch verschiedene Klangwelten. Wie würdest du die musikalische Vielfalt dieser Tour in eigenen Worten beschreiben?
Ronja Maltzahn: Wir bewegen uns musikalisch zwischen den beiden polaren Welten von Akustik und Elektronik. Neben meinem Cello, der Ukulele und dem Gitarren- und Piano-Sound mischen sich Synthie-Flächen, E-Drums und Samples in eine ganz eine Welt von sinfonischem Indie-Pop. Alle drei Kernmusiker*innen von uns spielen in jedem Song verschiedene Instrumente, wir laden auf eine Reise durch verschiedene Geschichten und Gefühlslandschaften ein. Rund herum erzähle ich von unserem Unterwegssein, den verschiedenen Sprachen und Ländern, menschlichen Begegnungen. Und dem kreativen Entstehungsprozess von unserer Kunst, Wortpoesie und Sinfonik, Elektronik und akustisches Tagebuchschreiben.
Frontstage Magazine: Auf dieser Tour wirst du von einem Kernteam begleitet. Wie beeinflusst die Zusammenarbeit mit verschiedenen Musikern und Instrumenten deine Live-Performance und die Interpretation Ihrer Musik?
Ronja Maltzahn: Happiness is only real when shared. Für mich würde Musik gar nicht alleine funktionieren. Es ist für mich die größte Freude, aus dem eigenen Ideenspringbrunnen meines Geistes mit vielen Händen und Köpfen und Herzen große Ideenpyramiden zu bauen, von der Studio-Arbeit über Videoproduktionen und der Live-Performance. Auch wenn dieses Projekt meinen Namen trägt und meine Handschrift in allen Bereichen, so ist es doch alles andere als ein Soloprojekt. Vor fünf Jahren habe ich meinen Bassisten und Partner Federico kennengelernt und wir waren zusammen in Argentinien unterwegs, haben dann drei Jahre in vielen verschiedenen wechselnden Bandbesetzungen gespielt und das Musikerkollektiv “BlueBird Orchestra” aufgebaut. Dann kam unser Drummer Kai dazu, der seit fast zwei Jahren bei jedem Konzert an unserer Seite ist und es mit seinem Ableton-Know-How ermöglicht hat, dass wir unsere Studio-Sounds noch detaillierter auf die Bühne übertragen. It takes teamwork to do dreamwork.
Frontstage Magazine: In deinen Text steht, dass Musik für Sie „zwischen Heimweh und Fernweh“ klingt. Könntest du näher erläutern, wie diese beiden emotionalen Pole deine Songtexte und Ihre Performance beeinflussen?
Ronja Maltzahn: So vieles in unserer Musik ist Polarität. Wolf und Schmetterling. Laut und leise. Riesengroß und winzig klein. Die Fülle und die Reduktion. Lebensfreude und Nachdenklichkeit. Gedankenschwere und Leichtigkeit. Heimweh und Fernweh. Das ist unsere Musikbiografie der letzten Jahre. 2018 und 2019 hinaus in die Welt, in Richtung Fernweh, und dann kam die Pandemie mit zwei Jahren Stille. Heimweh. Eine neue Verwurzelung in Norddeutschland, ein erstes deutschsprachiges Album. Und jetzt dürfen wir wieder hinaus in die Welt. Im Februar ging es nach Schweden, im Mai nach Spanien, im August nach Tschechien und im Oktober reisen wir kurz vor der deutschlandweiten Tour für ein Showcase Festival nach Kanada. Wenn er schön ist, frag nicht wohin der Weg dich führt.
Frontstage Magazine: Du hast bereits über 400 Konzerte in verschiedenen Ländern gespielt. Welches Konzerterlebnis hat einen bleibenden Eindruck bei Dir hinterlassen und warum?
Ronja Maltzahn: Wow, da sind so viele Geschichten. Wenn ich all die Anekdoten aufschreiben würde, die wir in den letzten fünf Jahren erleben durften, wären das wohl ganze Bücherwände voll. Da sind die kleinen kuriosen Venues, eine Jazzbar in Venedig, ein tropischer Insel-Club auf Panama, ein Wolfsreservat mitten im Wald, ein Livestream-Konzert vorm menschenleeren Eiffelturm während der Pandemie, mit meinem Cello auf einem gefrorenen See in Finnland, auf moosbewachsenen Felsen in Südschweden… Und die ganz großen Erlebnisse, vor dreitausend Menschen in Buenos Aires auf der Bühne mit fünfzehn Percussionisten, auf der Bühne mit Udo Lindenbergs Panikorchester im Geburtsort meines Lieblingsdichters Hermann Hesse, vor zehntausend Menschen beim Lieder auf Banz. Vielleicht einigen wir uns auf das allererste. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, sagt Hesse. In Italien am Meer haben Fede und ich unser erstes offizielles Konzert in einem Café in Rimini gespielt, dessen Logo ein Wolf mit einem Strohhalm war. Wir haben die Technik improvisiert, ich habe das erste Mal versucht gleichzeitig Cello zu spielen und zu singen. Ein italienischer Jugendlicher, den wir die Woche zuvor kennengelernt haben, kam bei einigen Songs Beatboxing dazu, mein Saxophonlehrer hat Soli improvisiert. Wir hatten noch keine Seifenblasenmaschine, sondern einfach kleine Seifenblasenröhrchen an die Zuhörer verteilt. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.
Frontstage Magazine: Du wurdest mit renommierten Preisen wie dem Panikpreis der Udo Lindenberg Stiftung und dem Liedermacherpreis der Hans-Seidel-Stiftung ausgezeichnet. Wie haben diese Auszeichnungen deine künstlerische Reise und Ihre Musik beeinflusst?
Ronja Maltzahn: Das waren zwei große Meilensteine in unserer Musikgeschichte. Mit Udos Panikorchester auf der Bühne zu stehen vor so vielen Menschen, das hat uns riesig inspiriert. Sie feiern 2023 ihr 50-jähriges Bandjubiliäum. Wir haben gerade unser Fünfjähriges. Das bedeutet, dass hoffentlich noch mindestens 45 aufregende Jahre vor uns liegen! Bei der Preisverleihung von Lieder auf Banz durften wir eine Kostprobe davon erleben, wo wir drauf hinarbeiten. Eine riesige Bühne als Plattform für große Ideen, ein Meer aus Lichtern, das die Musik untermalt, so viele helfende Hände auf und hinter der Bühne, so ein gut eingespieltes Team, und dann all die Menschen vor der Bühne, di zuhören, die mitsingen, die mit uns ein Momentum erschaffen. Das war wie eine Bergspitze auf unserer Wanderung durchs Musikleben. Es geht bergauf und bergab, manchmal wissen wir nicht ob wir den einen oder den anderen Pfad gehen sollen, und dann wir erreichen einen Gipfel, die Wolken lichten sich, wir staunen über den weiten Ausblick, saugen den Moment in uns ein, und ziehen gestärkt damit weiter.
„Heimweh Fernweh Tour 2023“
20.10.2023 Schüttorf – Komplex
21.10.2023 Osnabrück – Lagerhalle
03.11.2023 Schwerin – Speicher
04.11.2023 Lutterbek – Lutterbeker
07.11.2023 Köln – Bürgerhaus Stollwerck
09.11.2023 Löhne – Werretalhalle
11.11.2023 Braunschweig – Zirkus Dobbelino
15.11.2023 Hannover – Musikzentrum
17.11.2023 Hamburg – Hebebühne
22.11.2023 Göttingen – Exil
23.11.2023 Herrenberg – Mauerwerk
25.11.2023 München – Hofspielhaus
26.11.2023 Fulda – Kulturkeller Kreuz
01.12.2023 Paderborn – Deelenhaus
02.12.2023 Warburg – Kulturforum
Homepage: https://ronjamaltzahn.de/ / Veranstalter: Lautstorm
Live-Video “Polorabär“: www.youtube.com/watch?v=XYhleED3FEE
Video: “Heimweh“: www.youtube.com/watch?v=EdkoQxApFzM
Video: “Stufen“: www.youtube.com/watch?v=Ql9XsmRAdOw
Fotocredit: Zuzanna Badziong