Es war, als wäre die Zeile „Oh nein, schon wieder Samstag und eine lauwarme Sommernacht“ einfach dem Song „Nachtbaden“ entsprungen und hätte sich selbst erfüllt. Zwar wurde am ersten September-Wochenende eine Menge musikalisch in Hamburg geboten, immerhin stand ein tränenreicher Abschied in Form von zwei Abschlusskonzerten der norddeutschen Institution Fettes Brot ins Haus, doch auf der Reeperbahn feierte die Band Madsen ihr insgesamt 36tes Konzert in der Hansestadt. Passend zur Veröffentlichung ihres neunten Albums „Hollywood“, welches direkt auf den ersten Platz der Charts einstieg, veranstalteten sie vier BBQ Blitzkonzerte. Das nicht nur letzte Konzert dieser Reihe, sondern vermutlich auch des gesamten Live-Sommers der Band insgesamt fand im Hinterhof des Molotows statt. Dementsprechend erschöpft und ausgelassen wurde dieser Schlussstein zelebriert.
Wer hätte an einem sonnendurchfluteten Abend nicht Lust seinen Samstag mit Madsen zu verbringen? Dementsprechend lag von Anfang an eine freudig gespannte Atmosphäre über der kleinen Venue. Wer schon einmal das Vergnügen im Backyard des Molotows hatte, weiß um den charmanten Charakter des kleinen, aber feinen Innenhofs. Ohne sich zu bemühen entsteht in der kleinen Location, die natürlich sofort ausverkauft war, eine intime Atmosphäre. Dies ergab sich bereits aus dem Fakt, dass es keinen Bühnenzugang aus dem Backstage gab, sondern die Musikerinnen und Musiker sich zwischen Bar und Publikum hindurchdrücken müssen. So tauschten Supportact Hanna Rautzenberg, die eher für die ruhigeren Töne, mit Gitarre begleitet, verantwortlich war, mit der Band des Abends den Platz. Der kleine Einzug wurde direkt für die Publikumsnähe genutzt und es wurden kurzerhand Fotos gemacht und Umarmungen verteilt.
Zum Warmspringen startete das Konzert mit dem ersten Track „Ein bisschen Lärm“, welches ebenfalls der Opener des neuen Langspielers ist. Danach wurde erst einmal auf die typische Madsen-Energie in Form von etwa „Mit dem Moped nach Madrid“, „Sirenen“, und „Macht euch laut“ zurückgegriffen. Besonders zum letzten Song wurden die Gitarrenspiels der drei Herren an den Saiteninstrumenten herausgeholt, die die Bühne richtig rockten. Zudem bedankte sich die Band mit dem Track bei ihrem Voract Hanna, die dazu kam und kräftig mitmischte. Ihr gleich tat es der große Kreis, der sich mittig vor der Bühne formierte. Der weitere Verlauf des Konzertes wurde im Wesentlichen von drei Komponenten bestimmt: typischen, alte Madsen-Songs mit ihrem eigenen Zauber, vier weiteren neuen Liedern aus dem aktuellen Album, sowie immer wieder kurz aufkeimende Cover-Episoden.
Alteingesessne Madsen-Fans wussten natürlich genau was passieren würde, wenn Sänger Sebastian und Schlagzeuger Sascha tauschten. Dies konnte nur bedeuten, dass genau die erste Strophe des besagten Liedes „Nachtbaden“ zum Tragen kam. Außerdem war das nun ebenfalls die essenzielle Aufgabe des Publikums den jüngsten Madsen-Bruder zum Bierstand zu tragen. Dieses Vorhaben gelang und Sascha freute sich, dass er sogar beide Socken anbehielt. Für frische Akzente sorgten Lieder wie „Wir haben immer noch die Sonne“, welches zudem das Lieblingslied der Band selbst von „Hollywood“ ist. Konsequenterweise folgte darauf der namengebende Track selbst, der vor allem von einem kleinen Jungen inbrünstig mitgesungen wurde, und auch bei allen anderen Anwesenden ausnahmslos für gute Laune sorgte. Somit wurde die losgelöste und euphorische Stimmung von Anfang bis Ende durchgezogen. Dies ließ die Madsen-Gebrüder auch vergessen wie anstrengend die letzten Wochen mit eigener Label-Gründung und den BBQ Blitzkonzerten eigentlich für sie waren. Gemeinsam mit ihren Gästen haben sie das Durchsein einfach weggefeiert.
In der Euphorie der Szenerie wurden auch immer wieder kurze Cover-Elemente wie etwa „Hey Ho, let’s Go“ und „We’re not gonna take it“ angestimmt, die vom Publikum ausgingen. An Madsens’ Stelle coverte beispielsweise Gitarrist Johannes Robie Williams’ Hit „Angels“. Jedoch bewies die Band zum Ende noch einmal eindrucksstark, dass sie ihre eigenen Titel noch immer am besten spielen konnte und hauten „Mein Herz bleibt hier“ mitsamt Mädels-Moshpit und „Die Perfektion“ mit dem obligatorischen Hinsetzen raus. Auch in der Schlussphase brach die Stimmung keineswegs ab, sodass viel mehr zu „Heirate mich“ die Hände zum frenetischen Mitklatschen in die Luft schnellten. Sanfter ging es dann bei „So cool bist du nicht“ zu, nachdem Lisa Who die gesamte Crew namentlich vorstellte. Dann gingen auf der Bühne die Lichter aus und im Publikumsraum die Handylicher an, die stimmungsvoll im Takt mitgewogen wurden. Auf diesen nahezu romantischen Moment wurden auf die routinemäßige Nennung der Bandmitglieder sofort Rufe um den Live-Gitarristen Martin Krüssel laut. Dies ließ sich die Band nicht zwei Mal sagte und stimmte die erste Strophe des an den Musiker gewidmeten Liedes an. Den Spaß wollten sie aber bis zum Ende durchziehen und spielten dann spontanerweise das Lied ungeprobt komplett aus – coole Aktion!
Nach knapp anderthalb Stunden Spielzeit hatte das Hamburger Publikum immer noch nicht genug, und lockte die Musizierenden mit anfänglichen Zugabenrufen und Wohoooo-Chören für drei weitere Songs zurück auf die übersichtliche Bühne. Da jedoch mit „Lass die Musik an“ das Konzert definitiv vorbei gewesen wäre, präsentierten sie vorher noch „Love is a Killer“ sowie das neue „Brücken“. Mit diesem phänomenalen Finale entließen die Niedersachsen ihr euphorisiertes Publikum in die Nacht. Damit hinterließen sie ausschließlich begeisterte Gesichter sowie vom Glück beseelte Menschen nach einem von vorne bis hinten fantastischen Konzert in einer überaus persönlichen Atmosphäre. Jetzt wäre der perfekte Moment zum „Nachtbaden„.
Fotocredit: Kevin Randy Emmers