Mit ENGST um „Drei Uhr nachts“ auf dem Bordstein singen – neue Single aus dem im Herbst kommenden Album „Irgendwas ist immer„.
Die Rock- und Literaturgeschichte hat schon so einige frühmorgendliche Uhrzeiten für die Ewigkeit festgehalten. Erst kürzlich besangen Element of Crime, wie es ist, „Morgens um vier“ nicht ganz schlafend und nicht ganz wach zu sein. Die Cardigans griffen auf ihrem Album „Long Gone Before Daylight“ um „03.45: No Sleep“ im Halbschlaf zur Gitarre. Die britische Dramatikerin und Autorin Sarah Kane kämpfte täglich mit ihrer „4.48 Psychose“, die sie in ihrem dramatischen letzten Stück gleichen Namens auf Papier hämmerte.
ENGST stellen sich mit ihrer neuen Single ‚Drei Uhr nachts‚ wiederum dezent wankend an die Seite von HAIM, Halsey, Matchbox Twenty und Eminem, die allesamt einen Song namens „3 AM“ haben. Musikalisch ist die Band um Frontmann, Songwriter und Cheftexter Matthias ENGST allerdings weiterhin näher an Bands wie den Broilers, Die Toten Hosen oder Feine Sahne Fischfilet. Aber ENGST teilen den Blick all der genannten Songs und Stücke: Dieses Minenfeld zwischen Nacht und Morgen ist selten der Moment für emotionale Sternstunden.
„Für mich war es bei dieser Platte ganz wichtig, mal so ein ‚Das ist es. Das bin ich‘-Statement rauszuhauen“, sagt Matthias Engst.
Dazu gehörten ebenso „Themen, die mir unangenehm sind, bei denen ich selbst nicht so gut wegkomme.“ Das „Thema“ von „Drei Uhr nachts“ ist eine Nacht, die es wirklich so gegeben hat im Leben des Musikers und Sozialarbeiters.
„Drei Uhr nachts geht man besser nach Hause“, singt er mit seiner charismatischen Stimme – und tut es dann natürlich doch nicht. Er geht zur Wohnung seiner Ex-Freundin, die er nun doch vermisst. Er weiß, dass dort schon ihr neuer Freund wohnt und brüllte nach oben: „Fick dich, du Hurensohn!“
Eigentlich hätte der Song als eine kraftvolle Ballade im Radio platziert werden können. „Klar, das ist Radiopathos“, gibt Matthias Engst offen zu. „Aber mit dem Wort ‚Hurensohn‘ im Chorus haben wir uns das ja gleich wieder versaut.“ Dann lacht er laut und gibt zu, dass man tatsächlich mit Management und Produktion darüber diskutiert habe. „Die wollten, dass ich ein anderes Wort finde. Aber der Song ist autobiografisch. Ich sitze da nachts besoffen in der Kneipe, merke, dass ich das mit meiner Ex doch hätte retten sollen und dann laufe ich zu ihrer Wohnung, wo schon der Neue wohnt, stehe hackevoll auf der Straße und brülle nach oben. Da sage ich doch nicht ‚Doofkopp‘ oder so.“ Natürlich wollen wir mit der Band nach vorne, gibt Matthias zu:
„Wir wollen groß werden, wir wollen mehr Reichweite bekommen, wir möchten mehr Interviews geben, wollen mehr Festivalbühnen – aber eben nicht um jeden Preis.“
Fotocredit: Jürgen Cernovolov