Mitunter kann es weh tun, auf gesellschaftliche Verzerrungen hinzuweisen. Das Problem toxischer Männlichkeit existiert in unterschiedlichen Ausprägungen, bis hin zu extremen Varianten, die in tiefste seelische Abgründe blicken lassen und Gefahr für Leib und Leben anderer mit sich bringen. In der neuen Single „Hirn“ wählen DiNA die Ich-Perspektive eines von allen moralischen Maßstäben verlassenen Mannes, der sich derart in seine eigene, abgekoppelte Realität zurückgezogen hat, dass sein Handeln keine Schranken, keine Vernunft und keine Maßstäbe mehr kennt.
„Hirn“ zeigt die fatalen Auswirkungen, wenn selbiges unfreiwillig vom Herz getrennt wird. Das Lied findet seine Vollendung in einer Kollaboration zwischen Tristan Brusch aus Berlin, in seiner unkopierbaren Eigenwilligkeit schon immer genialisch nah „Am Wahn“, und der Hamburger Band DiNA, die kürzlich mit ebenso frischem wie unverwechselbarem Elan die deutsche Musikszene mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum betreten hat.
Die Kollaboration rotiert um eine gemeinsame Achse mit sehr viel eigener Note. „Hirn“ hat zusätzlich zum wahnhaft-entrückten Charakter eine stark suggestive Sogwirkung, und gerade deswegen sollte man anfügen: Dieser Text ist nichts für allzu labile Gemüter. In geradezu schmerzhafter Schönheit entfaltet sich die Poesie einer maximal fehlgeleiteten Leidenschaft völlig jenseits von Gut und Böse. Und wenn die letzte Silbe gesungen wurde, der letzte Ton verklungen ist, dann ist „Hirn“ irgendwie immer noch da, irgendwo im Raum. An der Wand. Auf dem Bett. Oder beides.
Wir stehen inmitten schwebender Splitter, mit beiden Beinen fest im betonierten Boden. DiNA massiert unsere Seele mit Sandpapier, Widerhaken und schonungsloser Lyrik.
Den Song könnt ihr z.B. hier hören.
Fotocredit: Gerrit Wohnsdorf