Die Mauern, die wir um uns errichten, damit uns niemand zu nahe kommen kann, sind in der Regel Monumente unserer eigenen Geschichte, die uns nicht loslassen will. Errichtet, aus Furcht verletzt zu werden, zum Zwecke des Schutzes aufgezogen, sperren sie uns am Ende selbst ein. Und werden schnell zum Labyrinth voller Spiegel, die uns immer wieder auf uns selbst zurückwerfen. Am Ende hilft nur die Erkenntnis, dass wir selbst es auch sind, die jene Mauern auch wieder niederreißen können, damit nur noch deren Ruinen an die Vergangenheit erinnern. Und wir schließlich weiter ziehen können.
Getragen von dieser Einsicht nimmt die österreichische Singer-Songwriterin AVEC mit ihrem neuen Song „Walls“ das klassische Thema des Break-Up Songs her, um ganz allgemeine Fragen in zwischenmenschlichen Beziehungen anzusprechen. Die Künstlerin meint dazu: „In „Walls“ geht es um diesen inneren Konflikt zwischen Loslassen und Festhalten. Es geht darum, dass man sich von etwas nicht vollständig lösen kann, weil ein Teil von einem noch in der Vergangenheit lebt. Es geht um diesen Kampf in uns, die Art und Weise, wie wir so viele Barrieren und Hindernisse geschaffen haben, um uns zu verstecken, um niemanden an uns heranzulassen, weil wir einfach Angst davor haben, erneut verletzt, abgelehnt und verlassen zu werden. Es ist der Selbstschutzmodus, den viele von uns kennen, der es so schwierig macht, im Hier und Jetzt zu sein. Sich jemandem zu öffnen und zu vertrauen“.
„Walls“ ist jedoch ein Song, der nach vorne blickt. Beginnend mit einem ruhigeren, akustischen Gitarrenpart gewinnt er zunehmend an instrumentaler Fülle, um sich von Refrain zu Refrain zu steigern. So gelingt AVEC wieder einmal das Kunststück, schwere, emotionale Themen mit einem befreiend positiven Vibe anzugehen. Kein Blick zurück im Zorn, sondern ein Appell, sich zu öffnen, um sich wieder berühren lassen zu können, bevor die Versteinerung eintritt.
„Walls“ bildet den emotionalen Höhepunkt einer Serie von Songs, die 2022 mit der Veröffentlichung von „Nothing To Me“ begonnen hat und jetzt finalisiert wird. Geschrieben in einer Zeit, die von Schicksalsschlägen und einer zerbrochenen Beziehung, die ihr Potenzial nie wirklich entfalten konnte, geprägt war, stehen Themen wie Verlust, Abschied, Trauer und Verlassenheit im Mittelpunkt dieser musikalischen Schaffensperiode, die mit der Veröffentlichung der EP „I feel alone these days“ (VÖ 14.7.) auch ihren formalen Abschluss findet.
Fotocredit: Martin Morscher