„Ich muss durch den Monsun, hinter die Welt, ans Ende der Zeit, bis kein Regen mehr fällt“ – um diese Zeilen ist wohl kaum jemand von uns im Jahre 2005 herum gekommen und die haben sich bis heute in unser Gehirn eingebrannt. Wie gut, dass ihre Erfinder namens Tokio Hotel jetzt nach zweimaligem Verschieben ihrer „Beyond The World“-Tour endlich auch für ein paar Konzerte zu uns nach Deutschland gekommen sind, denn mittlerweile leben ja zumindest die Kaulitz-Brüder in den Staaten.
Bis vor zwei Monaten hätte ich mir nie erträumt, dass ich mal auf einem Konzert von Tokio Hotel in den vorderen Reihen stehe. Doch dann hatte ich Mitleid mit meiner Physiotherapeutin und guten Freundin Franzi, die schon eine Karte für das Konzert im Wizemann in Stuttgart hatte. Alleine gehen lassen wollte ich sie nicht, deswegen haben wir bei einem oder vielleicht auch zwei Gin Tonic beschlossen, dass ich sie begleite.
Gesagt, getan!
So standen wir am 9. Mai in der Halle im Wizemann in Stuttgart bereit für Bill, Tom, Georg und Gustav. Wobei ich ehrlich gesagt, außer ein paar Songs vorzuhören, relativ unvorbereitet zum Konzert gegangen bin.
Casey Bear aus LA war Vorprogramm und lieferte dem Publikum soliden Pop zum Mitwippen und stimmte auch mit Glitzeroutfit schon mal darauf ein, was uns noch erwartete.
Bill Kaulitz hat natürlich glitzertechnisch bei seiner Outfitwahl noch ne ordentliche Schippe drauf gelegt. Kaum fiel der Vorhang und die ersten Töne von „White Lies“ erklangen wurden wir quasi geblendet. Ein pink-blaues Paillettenmeisterwerk mit ebenso glitzerndem Schlüppi und passendem Cowboyhut wurde uns da geboten. Defintiv ein Hingucker aber nicht mein Lieblingsteil des Abends, das kam erst später. Aber vorrangig gehts ja auch um die Musik. Wobei Optik und Sound bei Tokio Hotel ja doch irgendwie Hand in Hand arbeiten – spätestens bei dem Konzert hab ich das auch geschnallt.
Da ich ja mit relativ geringen Erwartungen zum Konzert spaziert bin, ich dachte lediglich, dass mich da enorm viel Autotune erwartet, wurden meine Erwartungen auf jeden Fall übertroffen. Zumindest von der Band! Weniger Autotune als gedacht, dafür aber viele herzige Ansagen von Frontmann Bill, jede Menge tanzbare Songs, die trotz zum ersten Mal hören gut waren & tatsächlich auch ein zwei Lieder die ans Herz gegangen sind.
Was allerdings weniger ans Herz gegangen ist: das Publikum. Für mich ist es völlig normal, bei einem Stehplatz Konzert eventuell ein bis zweimal den Platz zu wechseln. Dabei dreimal auf aggressivste Weise nen Ellenbogen in die Rippen zu bekommen, weil Menschen meinen, es stünde ihr Name auf dem Hallenboden eingraviert, ist mir ehrlich gesagt auf noch keinem anderen Konzert passiert. Gilt ganz sicher nicht für alle in Stuttgart anwesenden Tokio Hotel Fans aber mit den drei blöden davon und ihren Ellenbogen mussten wir leider Bekanntschaft machen.
Aber wieder zu den schöneren Momenten. Das war zum einen defintiv die Performance der deutschen Tracks von früher. Angefangen bei „Schwarz“, „Spring nicht“ bis hin zu „Durch den Monsun“ als Zugabe. Klar das hier das Publikum am textsichersten war.
Dann zum Ende des Konzerts hin gabs natürlich einen dritten oder vierten Outfitwechsel, ich weiß nicht ob ich richtig mitgezählt habe. Jedenfalls muss ich wirklich sagen: im grünen Glitzerhosenanzug sah Bill einfach ganz wunderbar aus. So wunderbar war dann auch die Darbietung des sehr ruhigen Songs „Just a moment“, den die Gebrüder Kaulitz auf Barhockern, mit Akustikgiarre ganz allein performt haben.
Auch ein Highlight: Bills Freude, als er im Publikum ein „I love Georg“ Plakat entdeckt hat. Wie seine Art so ist, meinte er ganz unverblümt „Wie schön, ein I love Georg Plakat – das hatten wir noch nie“.
Genau diese herzliche & lustige Art hat das Konzert für mich zum größten Teil ausgemacht aber ich muss auch gestehen, dass musikalisch alles recht fein war. Also nochmal danke Franzi, dass ich deine Begleitung sein musste!
Fotocredit: Jana Treptow