Geboren in einer treibenden Millionenmetropole, aufgewachsen in der pomadigen Provinz: YUNUS ist schon immer zwischen den Polen zu Hause – mit dem Herz am Puls der Zeit. Auf der einen Seite die gutbürgerliche Herkunft, wo man alles werden kann, soll und muss… außer eben Rapper! Auf der anderen Seite der gnadenlos dogmatische Hip-Hop- Kosmos. Wenn es aber etwas auf dieser Welt gibt, was YUNUS eben nicht kann, ist es irgendwas sein zu müssen. Wer jetzt denkt, dass nun eine schon beinah abgedroschene „ich-mach-was-ich-will-punk-attitüden“-Arie ohne nennenswerten Erfolge ertönt, wird enttäuscht: Eine Millionen Streams auf Spotify, über 200 Konzerten im gesamten deutschsprachigen Raum (u.a. auf dem Fusion Festival und als Support für Curse) und zahlreichen Shoutouts u.a. von Felix Lobrecht bei „Gemischtes Hack“, lassen die Seitenlinie zum Mittelpunkt der deutschen Rap-Szene werden.
Was im ersten Moment klingt wie eine aufregende Reise durch all das, was das Leben und Mutter Erde zu bieten hat,
irgendwo zwischen Istanbul und Fürstenfeldbruck, erzeugt leider genau die Bedrohung nie wirklich seiner eigenen
Erwartungshaltung gerecht werden zu können. Die ruhige und sichere Umgebung des akademische Bratschen-Studiums
in Hannover hat YUNUS kennengelernt, genau wie das exzessive Künstlerleben Berlins. Extreme Gegensätze, die einen
zerreißen, außer man ist wie YUNUS: Konsequent man selbst – anders, weil man nicht anders kann.
Nicht nur deswegen steckt in dem todessüßen Blondschopf mit den perfekt lackierten Fingernägeln und dem „quirky
Instrument im falschen Genre“ (DIFFUS) einer der spannendste Newcomer der letzten Jahre. Mit natürlicher Leichtigkeit
und melancholischen Galgenhumor erzählt YUNUS bildhaft Geschichten auf zeitgemäßen Hip-Hop-Beats: Über den
inneren Druck auf dem steinigen Weg zur Selbstakzeptanz, ausgelöst durch die Versuche irgendwie irgendwo
reinzupassen. Über Liebe, die an sich selbst scheitert. Über das daraus entstehende Gefühl, sich zu verlieren und
wiederzufinden in vermeintlichen Lösungen. Aber vor allem eben auch: Übers „nach Hause“ ankommen.
Heute am 07. April erscheint mit „leben ist mir grade mal egal“ die erste YUNUS-Single 2023. „leben ist mir grade mal egal“ ist eine Hymne ans Aufschieben, Verdrängen und Nichtstun. Doch ab wann wird aus gesundem Selbstschutz gefährliche Ignoranz? Bei der täglichen Inszenierung auf Social Media, beim betonten Zelebrieren des Prinzips „ich regel andermal“ oder erst beim Leben der anderen? Vielleicht ist auch das alles egal, solange Selfcare nicht zur Gleichgültigkeit wird.
Die Single findet ihr z.B. hier.
Fotocredit: Lena Krenz