Wie stellt ihr euch eine Nacht im „The Midnight Demon Club“ vor? Wild, laut, bunt und ein bisschen chaotisch? Genau so klingt das neue Album von Highly Suspect. Und es klingt auch so, als hätten die Jungs aus Massachusetts in dieser Nacht bzw. beim Produzieren des Albums ordentlich Spaß gehabt. So viel Spaß, dass ganze 12 Tracks entstanden sind – allesamt produziert von Highly Suspect selbst und WZRD BLD aka Drew Fulk, der bereits mit Bands wie Disturbed und Lil Wayne zusammengearbeitet hat.
Los geht’s mit dem ersten Track: „The Sound“ leitet das vierte Studioalbum von Highly Suspect mit einer ruhigen und geheimnisvollen Melodie ein, bevor nach etwa 25 Sekunden fette Riffs und ein kollektives Mitnicken einsetzen. Ein großer, fast epischer Chorus und der gewohnt eindringliche Gesang von Frontmann und Gitarrist Johnny Stevens machen den Opener von „The Midnight Demon Club“ zu einem typischen Highly Suspect-Song, der Bock auf mehr macht.
„Natural Born Killer“, der zweite Song der Platte, wurde uns bereits im Juni als Appetit-Häppchen auf den neuen Longplayer serviert. Das Intro des Songs erinnert mich stark an ihren Mega-Hit „16“ vom Vorgängeralbum „MCID“, das 2019 erschien. Ich musste tatsächlich zweimal hinschauen, ob ich mir gerade den richtigen oder doch einen alten Highly Suspect-Song in die Playlist gezogen habe. Musikalisch ähnlich, geht’s im Song dennoch um ein ganz anderes Thema: „I’ve been having dreams about falling in love – It feels so real but nobody is here when I wake up – Do you know my name? – The devil’s in the detail“. Der „Natural Born Killer“ ist jemand, der nach Rückschlägen und Enttäuschungen nicht den Kopf in den Sand steckt, sondern aufsteht und weitermacht, sich den Herausforderungen des Lebens stellt und dabei auch noch Spaß hat. Der Song selbst macht auf jeden Fall Spaß, auch wenn er sehr rund produziert ist und kaum Ecken und Kanten mit sich bringt.
Das Artwork im Musikvideo zu „Natural Born Killer“ ist quasi eine Blaupause zum Artwork des gesamten Albums: knallig, schrill, futuristisch, ein bisschen geheimnisvoll und mit ein bisschen Glitzer und Glam versehen. Sänger Johnny Stevens aka „Terrible Johnny“ trägt im Musikvideo ein imposantes, quietschig-pinkes Kostüm, eine Art Gummi-Umhang mit überdimensionalen XXL-Schulterpolstern, pinken Glitzer-Handschuhen und einer extravaganten, mit Glitzersteinen besetzten Maske. Ein ziemlich eindrucksvolles, etwas übertriebenes, aber doch sehr cooles Outfit – so cool, dass es das Ganze auch auf’s Albumcover von „The Midnight Demon Club“ geschafft hat. Für alle, die im Plattenladen ihres Vertrauens Orientierungsschwierigkeiten haben: das knallpinke Kostüm auf knallgrünem Untergrund fällt auf jeden Fall auf.
Highly Suspect können auf ihrer neuen Platte allerdings nicht nur laut und knallig sein, sondern auch ruhig und gefühlvoll. Das beweisen sie in der Ballade „Wild Eyed Son“. Der sechste Song, der ausschließlich mit Akustikgitarre und Streichern daherkommt, funktioniert wie eine kleine, ruhige Insel mitten auf dem Album – umgeben von eher stürmischen, teils chaotischen Sound-Wellen. Denn mein Gesamteindruck des Albums ist, dass man hier seeeehr viel wollte – vielleicht ein bisschen zu viel. Ich meine, man kann Highly Suspect definitiv nicht absprechen, auf „The Midnight Demon Club“ extrem vielseitig und abwechslungsreich unterwegs zu sein. Aber die vielen Experimente mit Synthesizer, Soundeffekten, Hip-Hop-mäßigen Beats, knallharten Rock-Riffs, funky Retro-Sounds und 80er-Jahre-Vibes sind mir teilweise zu viel und lassen die Platte leider etwas chaotisch und überladen wirken.
Auf „The Midnight Demon Club“ geht es darum, aus einer sch*** Situation das Beste zu machen, weil das Leben zu kurz ist, um deprimiert und traurig zu sein. Spaß haben und weitermachen, egal was kommt, das ist der Plan. Gute Laune hatte ich beim Hören definitiv – insbesondere bei meinem Lieblingstrack „New California“. Der Song hat einen chilligen, treibenden Vibe, wirkt insgesamt sehr rund und durchdacht, simpel, aber einfach gut. Und auch wenn mir dieser aufgeräumte Gesamteindruck auf der Platte insgesamt ein bisschen fehlt und ich mir an der ein oder anderen Stelle etwas weniger „Schnickschnack“ gewünscht hätte, gibt es für die einzelnen Songs und den freshen Rock-Sound, den Highly Suspect mit ihrem vierten Studioalbum einmal mehr liefern, von mir trotzdem beide Daumen nach oben! (8-7-7)
Tracklist:
- The Sound
- Natural Born Killer
- Ice Cold
- Midnight Demon Club
- Caught On Fire
- Wild Eyed Son
- Pink Lullabye
- New California
- Need To Say
- Cool Kids
- Love Like This
- Evangeline
Fotocredit: Adina Scharfenberg