“verlierer” ist nicht nur der Titelsong und Namensgeber dieser EP, sondern der Anfang von LUNAs musikalischer und privater Reise – und es ist ein ganz schön widersprüchlich gewählter Titel, wenn man bedenkt, dass LUNA seit Erscheinen von “verlierer” so einiges dazu gewonnen hat. 2020 startete alles mit einer 50-sekündigen Piano-Version von “verlierer”, seitdem häuften sich die Erfolge und LUNA konnte ihrem TikTok-Hype mehr als gerecht werden und sich als Künstlerin etablieren. “verlierer” erreichte nicht nur Goldstatus, sondern es folgten unter anderem ein Award-Regen (zum Beispiel 1Live-Krone als “Best Newcomer Act” oder “Durchstarter*in” des Jahres beim New Music Award), eine Festival-Tour als Support-Act von LEA und 140 Millionen Audio-Streams.
Aber natürlich soll es nicht nur um die großen Erfolge gehen. Denn auch, wenn diese für die gerade einmal 19-Jährige beachtlich sind, würde ein reines Geflexe LUNA, dessen Musik von Selbstreflexion und Humbleness geprägt ist, nicht gerecht werden. “verlierer” ist daher wie ein Coming-of-Age-Film in EP-Form. Es geht ums Weggehen, ums Ankommen, um Liebe, um Trennung, um Selbstbewusstsein und Zweifel. LUNA reflektiert die vergangenen zwei Jahre, seit ihr Leben in der Provinz auf dem Kopf gestellt wurde, ganz genau und beobachtet sich und ihre Umgebung haarscharf.
LUNA nimmt ihre Hörer*innen mit auf die Reise aus der Heimat an der Donau nach Berlin. Es geht um die großen, lebensverändernden Entscheidungen, nicht nur um einen Umzug. Sie thematisiert ihr Hannah-Montana-Leben, Entfremdung und falsche Erwartungshaltungen. Trotz aller Erfolge, konnte sie diese in der rasenden Zeit selbst nicht genießen. So landete sie an Weihnachten auf Platz drei der Charts und wimmelte ihr aufgeregtes Management am Telefon wieder ab, weil sie noch schnell ein Referat für die Schule fertigstellen musste. Deshalb ist “verlierer” auch ein Innehalten. Das Popstarleben, das man LUNA andichten würde, will sie eigentlich gar nicht, rote Teppiche werden nach Lust und Laune auch mal im Jogginganzug betreten und so oder so, ist sie vor allen in die Hauptstadt gekommen, um Musik zu machen. So ist auch die “verlierer”-EP ein Ergebnis unzähliger Experimente, mutigen Ausprobierens, aber auch des stetigen Zurückfindens zum Kernteam. Durch die Zusammenarbeit mit Björn Steiner, Tom Hengelbrock und einem Feature von Chapo102, den sie übrigens beim Gassi gehen mit seinem Hund näher kennengelernt hat, ist die EP vollständig. Das Ergebnis ist lupenreiner Pop, der es immer wieder wagt, die Hörer*innen in dunkle Synthie-Welten mitzureißen und ein Sound, der mit Schwere und Leichtigkeit abwechselnd jongliert.
Inhaltlich zeigt LUNA wie gewohnt Haltung – in ihrer Musik, aber auch darüber hinaus. So trat sie für Fridays for Future auf und auch diese EP ist in der Vinyl-Edition als nachhaltige Re-Vinyl erschienen. Ansonsten klingt die EP wie Sprachnachrichten an die besten Freund*innen. Von Mental Health bis zu Liebe ist alles dabei, womit sich LUNA die letzten Jahre beschäftigt hat. “müde” handelt von der Frage nach dem “Wie geht’s dir?” und der ehrlichen bzw. unehrlichen Antwort darauf. Auf “hausflur”, “irgendwas” und “immer nur du” nimmt LUNA die Hörer*innen mit durch verschiedene Phasen von Liebe, toxischer Beziehung und Trennung und dreht am Ende mit “arschloch” den Spieß um. Der große Statementsong ist “blau”, gleichzeitig LUNAs Coming-Out-Song, der ein riesiges Echo nach sich zog: Von Hörer*innen, die sich nach Konzerten trauten, sich vor ihren Eltern zu outen, zu unzähligen, täglichen Nachrichten, dass man sich endlich verstanden fühlt. “blau” ist nicht nur ein Song für LUNA selbst oder für die LGBTIQA+-Community, sondern wie sie sagt, für alle, die in irgendeiner Form damit strugglen, nicht akzeptiert zu werden, weil: Representation matters, immer.
Fotocredit: Kevin Randy Emmers