The Subways sind in den letzten 16 Jahren zum Inbegriff für englischen Indie-Rock geworden. Mit der neuen Schlagzeugerin Camille Phillips geht es für Gitarrist und Sänger Billy Lunn und Bassistin Charlotte Cooper nach der Corona-Pause wieder in ihr Lieblingsland auf Tour. In zehn Städte darf man sich über die Band aus Hertfordshire freuen, wobei wir den Tourauftakt in Bremen fotografisch festhalten durften. Die dritte Stadt, die von den Subways beglückt wird, ist Hamburg, wo die Markthalle, so wie es sich gehört, vollkommen zerlegt wurde.
Der Auftakt wird von den Berries aus London bestritten, die damit den Support Bikini Beach der ersten beiden Shows ablösten. Die drei Frauen spielten die Halle eine halbe Stunde lang schon einmal ordentlich warm und zeigten ihre Stärke in Rock, Indie und Grunge, was ihnen einen ordentlichen Applaus bescherte. Pünktlich um neun Uhr gingen die Lichter aus und, bevor überhaupt irgendwas passierte, außer dass das Intro spielte, setzte rhythmisches Klatschen und Jubeln ein – Vorfreude pur! Als das Trio die Bühne betrat, war die Euphorie im Raum spürbar. Die Briten ließen sich ihrerseits auch nicht lange bitten und stiegen direkt mit „Oh Yeah“ in die Vollen ein. Billy begleitet sein Gitarrenspiel direkt mit ausufernden Rockstarsprüngen, sodass von Anfang an klar war, dass die Subways nichts anderes wollen als den Laden hier und jetzt abzureißen. Weiter geht es ohne Stopp direkt mit „Young For Eternity“ und „Shake! Shake“. Langsam dämmerte es unserer Redakteurin derweil, wieso unser Fotograf aus Bremen von einem Hammer-Set gesprochen, denn der Beginn ließ absolut nichts anbrennen. Manche könnten jetzt kritisieren, dass es schwer ist, die gesamte Show mit so einer Energie durchzuziehen, aber wer die Subways auch nur einmal live gesehen hat, weiß, dass es gar kein Problem darstellt.
Zu dieser ungeheuren Live-Macht der Band gesellt sich die unendliche Sympathie der Musiker*innen, allen voran Billy, dem unsere Fotografin Lisa vor der Show noch etwas Deutsch beibringen sollte. Wie auch schon in unserem Interview mit dem 35-jährigen konnten wir vernehmen, dass er der Sprache in Ansätzen mächtig ist, und so einige seiner Ansagen auf Deutsch abhielt. Also er erzählte er auf Deutsch, dass sie den schönsten Tag ihres Lebens während ihres Off-Days in Hamburg in der Elbphilharmonie hatten. Danach hieß es „Springen alle!“ – eine Bitte, der die Markthalle sehr gerne nachkam. Zu dem vierten Track „Good Times“ vom ebenfalls vierten Album ließ der Bass den Boden ordentlich vibrieren. Auch Billy erkannte, dass es heute schwitzig werden würde, genau so wie sie es mögen. Tatsächlich war die Stimmung durchweg bombastisch, die Leute in der Mitte haben um ihr Leben getanzt, und wir haben vorher auch gefühlte Ewigkeiten niemanden mehr stagediven sehen, aber die Subways machen das alles möglich. Neben Klassikern wie „We don’t need money to have a good time”, haben die Subways auch neue Titel wie die neue Single „You kill my cool” sowie den noch unveröffentlichen Track „Influencer kill the rockstar“ präsentiert. In dem Zusammenhang haben wir „Fight“ kurz vermisst, aber „Kalifornia“, „Taking All The Blame“ oder „No Goodbyes“ ließen dies sofort wieder vergessen machen.
Auch gaben die neuen Tracks Gelegenheit um wenigstens vorübergehend einen Gang zurückzuschalten und zu atmen, denn der Schweiß der Menschen war zu diesem Zeitpunkt schon gut verteilt. Perfekt, um die Aufmerksamkeit der Musiker*innen mit Rufen auf sich zu lenken. Billy beschwert sich, dass sie „Charlotte“ bitte deutsch aussprechen sollen, also mit dem hörbaren E am Ende, woraufhin Sprechgesänge um „CHAR-LOT-TE“ aufbrandeten, die uns den Rest des Abends noch begleiten sollten. Im Folgenden zeigte sich, dass dieser Klatschgesang nur der Katalysator war und es zu „I Want to Hear What You Have Got to Say“ und den folgenden Song kein Halten mehr gab. Alle waren in Bewegung, zentral vor der Bühne gab es nur noch Randale und Hamburg hat die Markthalle zerstört – was für ein Abriss! Dass sich das Publikum absolut verausgaben wird, haben auch die Subways vorhergesehen und servieren mit „Uncertain Joys“ und Charlotte an den Keys (Synthesizern) sowie „Joli Coeur“ noch mal Gelegenheiten zum Runterkommen.
Die kann man entweder nutzen oder man tanzt halt wie ein Pärchen Discofox dazu und zaubert allen Umstehenden ein glückseliges Lächeln ins Gesicht bei so viel authentischer Romantik. Als Randnotiz sei gesagt, dass der Hamburger SV zu diesem Moment in der 64. Minute im Relegationsspiel im 10 km Volksparkstadion mit 1:0 hinten lag (und auch an diesem Tag nicht mehr in die erste Liga aufgestiegen ist). Doch das interessierte hier außer kurzen Blicken aufs Handy hier und da absolut niemanden, und das fantastische Set wurde durch ein furioses Finale beendet. „Kiss Kiss Bang Bang“ und „It’s A Party“ verlangen den Besucher*innen noch einmal alles ab, bevor CHAR-LOT-TE mit den anderen zweien nach 65 Minuten von der Bühne hüpfte. Natürlich wurde auch das quittiert mit einem begeisterten Charlotte-Chor, der später in Subways! Klatsch Klatsch Klatsch verändert wurde. Danach sollte es noch drei Zugaben geben, bei der vor allem der akustische Anfang zu „With You“ Gänsehaut am ganzen Körper verursachte. Das obligatorische „Rock ’n’ Roll Queen“ als letzter Song durfte inklusiver deutschen Zeilen selbstverständlich nicht fehlen und markierte den grandiosen Schlusspunkt für ein unglaublich geiles Konzert.
Insgesamt durften wir überragende Subways erleben, die die verschwitzte Markthalle einfach nur auseinandergenommen haben. Die Schlagzeugerin hat phänomenal gespielt und sich perfekt in das Bild der sympathischen Band eingefügt. Man hat bei jeder Textzeile gemerkt, wie begeistert die Band selbst war wieder live in Deutschland spielen zu dürfen und dieses Gefühl haben sie jederzeit an ihre Fans weitergegeben und den Montagabend so zu einem unvergesslichen Live-Highlight des Jahres 2022 gemacht. Wer die Subways noch nicht oder noch nicht oft genug live gesehen hat, sollte seine Chance auf der Tour noch nutzen; wir versprechen euch, es lohnt sich wahnsinnig!
Fotocredit: Kevin Randy Emmers