Verrückt, es ist halb acht an einem Samstagabend und man sitzt nicht alleine vor dem Laptop, um die nächste Runde Among Us zu spielen, sondern man befindet sich in einem dunklen Raum. Man wird geradezu geblendet von der einzigen gleißend leuchtenden Lichtquelle im Raum, die sich vor einem präsentiert. Dazu setzt im Folgenden ein ohrenbetäubender Lärm ein und gefühlt vibriert alles um einen herum – der Boden, die Menschen und die Luft. Ein unbeschreibliches Gefühl, denn es ist nach zweijähriger Coronapause wieder Zeit für Livekonzerte! Am 23.04. starteten White Lies im Rahmen ihrer vollständigen Europatour rockig die Freudenzeit für Musikfanatiker*innen im Hamburger Übel & Gefährlich.
Endlich gibt es wieder eine Kulturszene und das ohne Abstand, Bestuhlung oder Maskenpflicht. Einer der ersten Gäste, die die Hansestadt wieder begrüßen durfte, waren die Alternativ-Rocker von White Lies. Im Gepäck hatten die Londoner ihre Landsleute Charming Liars, die sich mit einer überragenden Bühnenpräsenz sehen lassen konnten, und als Support der lautstarken Meute eine halbe Stunde lang schon einmal ordentlich einheizten. Immerhin hatte man schon fast vergessen, wie laut ein echtes Schlagzeug in Kombination mit einer durchschlagenden Gitarre sein kann. White Lies gaben im Anschluss alles, um uns diese Eindrücke wieder ins Gedächtnis zu prügeln. Das ausgehungerte Publikum sog besonders am Anfang jeden Ton in sich auf. Auch der Applaus, mit dem die Band begrüßt wurden, macht klar, wie unverzichtbar so ein gemeinsames Erlebnis für die Gesellschaft sein kann.
Die Vermissung war groß, sodass man wirklich fühlen konnte, wie den Zuhörenden ein Stein vom Herzen fiel. Unwillkürlich musste ich an Bosses „Die Befreiung“ denken, denn irgendwie passte dieses Motto ziemlich gut zu dem ersten Konzert nach so langer Zeit. Wir waren geflashed von der Musik im Zusammenspiel mit einem klatschenden und glücklichen Publikum, das nebenbei bemerkt sich eher schon in seinen besseren Jahren befand. Unterdessen luden White Lies von Song zu Song mehr zum Tanzen und Mitsingen ein, wobei sie ihren Sound formgerecht auf die Bühne brachten. Uns begeisterten dabei vor allem die Songs von den ersten drei Platten wie „Farewell to the Fairground“, „To Lose My Life“ oder „There Goes Our Love Again“. Die Stimmung während dieser Lieder bestärkte unseren Eindruck. Des Weiteren wurden sechs Lieder vom zuletzt erschienenen Album „As I Try Not To Fall Apart“ aus diesem Jahr dargeboten.
Alles in allem lieferte einer der ersten internationalen Acts in Hamburg einen gelungenen Start in ein hoffentlich erfolgreiches Konzertjahr 2022.
Fotocredit: Kevin Randy Emmers