SWISS macht ab jetzt Schlager. „Linksradikalen Schlager“, versteht sich. Im Juli erscheint die gleichnamige EP – SWISS-Solo, Spaßprojekt und Coronatherapie in einem. Fünf Songs, garantiert nicht zum Zuhören oder Verstehen. Sondern einfach linke Mucke, die promillesafe ist und sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Zum Mitsingen und Mitgrölen. Zum Lockermachen und Feiern. Zum Anfeuern des schwarzen Mobs und zum Vollsaufen der Solikasse. Im ersten Moment mag das irritieren. Denn mit seiner Band SWISS + DIE ANDERN hat der Sänger und Texter aus dem Hamburger Schanzenviertel seit jeher alles andere als belanglose Musik gemacht. Vielmehr hat die Band sich durch Alben wie „Missglückte Welt“, „Saunaclub“ und „Orphan“ und ausverkauften Live-Shows einen Namen als spannendste linkspolitische Punkrockrap-Band der letzten Jahre gemacht.
Und jetzt: Linksradikaler Schlager?! „Menschen, die sich als Punker oder Rocker identifizieren nehmen sich in ihrer Rolle oft sehr ernst. Aber eigentlich ist doch nichts mehr Punkrock, als wenn ich auf alles scheiße und eine Schlager-EP mit linksradikalen Texten mache“, sagt SWISS. Zumal der Hamburger Schlager schon immer gefeiert hat. „Natürlich nicht dieses neuen Techno-Utz-Utz-Ballermann-Ding, sondern die Oldschool-Sachen: ‚Für dich soll’s rote Rosen regnen‘, ‚Ti Amo‘, ‚Ich war noch niemals in New York‘ und ‚Moskau‘. Und von Rio Reiser gibt es ja auch ein paar Songs, die zumindest Schlageresque anmuten.“
Aus diesem Faible entsteht die Idee, ein ganzes Projekt mit Schlagersound und linksradikalen Texten zu machen. Aber das Vorhaben noch zwischen die gut 70 Band-Shows im Jahr und das Einkloppen eines neuen Albums von SWISS + DIE ANDERN zu quetschen? Unmöglich. Bis Corona kommt. Dann legt SWISS los. Anstatt groß drauf rumzudenken wird einfach aus der Hüfte geschossen. Mal schauen, was daraus wird – im schlimmsten Fall eine Bonus-CD fürs nächste Album als Band. Mit Manager Pat entstehen erste Melodien, mit Corvin Bahn und Chris Harms werden daraus innerhalb kürzester Zeit fünf fertige Songs.
Im Titeltrack „Linksradikaler Schlager“ trifft Disco auf Eurodance und kreiert so die Rettung für alle linksdenkenden Menschen, die nicht immer nur schwermütige Musik hören, sondern zu wichtigen Parolen endlich auch mal feiern wollen. „Antifa“ ist hingegen eine Hymne auf die Antifa, verpackt in die Metapher einer mutigen Frau, die sich für das Gute einsetzt, aber doch nicht den Respekt bekommt, den sie verdient. „Man muss einfach sagen: In Deutschland haben die Faschos es wegen der Antifa schwerer einen Fuss auf den Boden zu bekommen – weil, egal wo, Leute auftauchen und sich ihnen entgegenstellen. Insofern ist es lächerlich, wie in den Medien auf der Antifa rumgehackt wird.“
Und dann ist da noch „Solikasse“, ein kleiner geiler Partytrack in allerbester Discofox-Manier mit ZSK-Frontmann Joshi, der gleichzeitig als Hommage an die Feierei und den guten Zweck fungiert. „Das ganze Ding ist komplett hängengeblieben“, sagt SWISS. „Auf der einen Seite umschifft es geschickt jede mögliche Zielgruppe. Den Schlager-Fans ist es zu politisch. Den Linksradikalen ist es zu Schlageresque. Die Musik scheißt auf alles – aber genau das macht die Qualität der Songs aus. Ich war noch nie so entspannt bei einem Release wie jetzt. Einfach, weil es kompletter Quatsch ist. Ich erwarte gar nichts damit. Die EP ist ein bisschen wie das Motto im Swingerclub – alles kann, nichts muss. Und das fühlt sich gut an. Ich feier’s, meine Leute feiern es. Im schlechtesten Fall laufen die Songs bei unseren Aftershow-Parties um drei Uhr morgens. Im besten Fall verkaufe ich damit die Mercedes-Benz-Arena aus.“
Fotocredit: Promofoto