Nachdem Alice Merton mit „No Roots“ 2017 ihre beeindruckende internationale Karriere startete, konnte sie so viele Karriere-Meilensteine abhaken, von denen manche Künstler*innen ihr ganzes Leben nur träumen können. Gold- und Platin-Auszeichnungen, Platz 2 in den Albumcharts für das Debüt „MINT“, Auftritte in den größten US-Late Night Shows oder beim Coachella Festival. Doch all das macht nicht immun gegen Selbstzweifel und Unsicherheiten. So der Hintergrund ihrer neuen Single, die heute zusammen mit einem bildgewaltigen Video erscheint.
Auf „Vertigo“, ihrer ersten Single in 2021, beschreibt die 27-Jährige diesen langen Weg, raus aus der Unsicherheit zurück zum Selbstvertrauen. Erzählt von der Unruhe, die sie immer wieder ergreift, „Why cant I just let it go?“. Aber all diese Zeilen sind in so positiven Sound gegossen, dass „Vertigo“ kein Verkriechen, sondern Empowerment geworden ist: Ein kraftvolles Indie-Pop-Arrangement, verzerrte Gitarren und Bläser, die an British Invasion und nicht an Selbsthilfegruppe erinnern, dazu Alice Mertons kristallklarer Gesang. „Vertigo“ macht mit seinen energetischen Live-Qualitäten Lust auf Festival-Sommer und Konzerte, die ganz sicher wieder kommen werden. Maßgeblich verantwortlich dafür ist der kanadische und mehrfach Grammy-nominierte Produzent Koz, der sonst mit Dua Lipa arbeitet und unter anderem deren Hit „Physical“ produzierte. Er kombiniert auch hier wieder, was bereits in der Vergangenheit Alice Merton aus der Masse hat hervorstechen lassen, ein klassisches Pop-Appeal bei gleichzeitiger Kompromisslosigkeit und Indie-Attitude. Und nun ist ihr ein weiterer, großer Schritt gelungen: Sie hat einer geschüttelten Generation und sich selbst Mut zugesprochen.
Dass es wieder ausgelassene Sommer geben wird. Dass man wieder tanzen und sich in den Armen liegen kann. Dass es okay ist, viele Facetten zu haben, nicht immer eindeutig zu sein, dass Stärke und Schwäche sich nicht ausschließen. Und dass auch dieser Schwindel, dieses Taumeln, dieses Vertigo vorüber geht.
Fotocredit: Kevin Randy Emmers