Manche Bandauflösungen treffen die Fans mitten ins Herz. So auch die eine Nachricht als sich vor über zehn Jahren die Schleswig-Holsteiner Poppunkgröße One Fine Day aus dem aktiven Geschäft verabschiedeten. Das letzte Konzert fand 2011 in der Hamburger Markthalle statt. Die zuletzt vierköpfige Gruppe war besonders für ihre Live-Auftritte gefeiert, wie zum Beispiel bei namhaften, nationalen Festivals wie dem Hurricane oder Rock am Ring, aber auch einigen Gigs im Ausland. Außerdem zählten Supports für die Donots oder Royal Republic ins Portfolio der Itzehoer. Knapp zehn Jahre „Danach“ erhielt unser Redakteur Kevin die Möglichkeit mit Marco (E-Bass) und Hendrik (E-Gitarre) über vergangene Zeiten zu sprechen.
Fronstage Magazine: Hallo Marco und Hendrik, wir freuen uns sehr, dass ihr Zeit für uns gefunden habt. Wie geht’s euch so und was macht ihr aktuell gerade so?
Marco: Hallo, mir geht es super. ich komme gerade von einem Dänemark-Urlaub zurück und hab mich ganz bewusst eine Woche lang extrem ungesund ernährt und keinen Sport getrieben. Einfach Mal so richtig alles baumeln lassen war die Devise.
Hendrik: Hey Kevin. Danke, mir geht es sehr gut. Ich bin gerade in Dänemark und arbeite an verschiedenen Sachen. Ein neuer Song für RBBTS, Toplines für DJ/Produzenten, mit denen wir zusammenarbeiten und Musik mit Jan Blomqvist für sein neues Album stehen gerade auf dem Plan. Und dann noch so einige andere Sachen.
Frontstage Magazine: Cool! Kommenden Herbst, ist es bereits zehn Jahre her, dass ihr euer letztes Konzert mit eurer Band One Fine Day in der Hamburger Markthalle gegeben habt. Könnt ihr euch noch daran erinnern, wie es euch in dieser Zeit ergangen ist? Wie hat sich dieser Abschied angefühlt?
Marco: Ich erinnere mich daran sehr gut, weil es einer der besten und gleichzeitig einer der traurigsten Abende in der One Fine Day Zeit war. Das schwingt tatsächlich immer noch nach. Ich träume auch noch regelmäßig von der Band und den vielen lieben Menschen und der ganzen Stimmung drum herum. Gut ist, dass einem das keiner mehr nehmen kann. Es ist ein fester Teil von mir.
Hendrik: Ich habe sehr schöne Erinnerungen an diese Zeit. Es war natürlich sehr traurig, dass wir aufgehört haben, aber die Konzerte und einfach das Zusammensein fand ich auch in der letzten Zeit sehr schön. Der Abschied war dann aber doch ganz schön hart. Ich war sehr froh, dass ich Pläne und Träume hatte, die mich angetrieben haben.
Frontstage Magazine: Eben, es muss immer weiter gehen. Was macht ihr heute so und was ist aus euch geworden?
Marco: Ich arbeite momentan an zwei Projekten. Das eine ist ein Musical-Theater, das mein Bruder vor ein paar Jahren gegründet hat und das bis zum März eine enorme Größe erreicht hat, sodass ich das Marketing und das Webdesign dort mache. Das andere ist eine selbstständige Tätigkeit als Webdesigner mit meiner Firma webnautiker.de. Da liegen immer neue spannende Projekte an, von der kleinen Seite für den Ein-Mann-Betrieb-Bus zum großen Webshop.
Hendrik: Was aus mir geworden ist, ist nicht so leicht zu sagen. Ich bin eher so ein ständiger ‘work in progress’ Typ. Aber was ich gerade mache, ist dann wieder einfacher (lächelt). Anne, meine Freundin und frühere Sängerin der Pinboys, und ich arbeiten hauptsächlich an unserem eigenen Projekt RBBTS (pronounced: Rabbits). Wir haben in letzter Zeit Releases mit Seven Lions, Above&Beyond, MitiS und einigen anderen rausgehauen und arbeiten gerade an neuen Songs mit unter anderem Seven Lions und Trivecta und an unserem eigenen Debüt. Ansonsten arbeiten wir noch als Songwriter im Hintergrund und haben Songs für Fritz Kalbrenner und Jan Blomqvist geschrieben. Und wir haben für verschiedenste Firmen Werbemusik produziert.
Frontstage Magazine: Da habt ihr ja eine ganze Menge zu tun! Musik ist und war für euch immer ein wichtiger Bestandteil eures Lebens, vermuten wir mal. Auch wenn One Fine Day der Vergangenheit angehört, schlägt euer Herz noch weiter für die Musik? Finden sich seitdem also noch weitere musikalische Projekte in eurem Lebenslauf?
Marco: Ich habe nach One Fine Day den Bass für immer zur Seite gestellt. Mir hat das Instrument sehr gefallen, aber ich hab es nur gelernt, um mit diesen Menschen in dieser Band zu spielen. Das kam aus einem bestimmten Gefühl in einer ganz bestimmten Zeit heraus. Das ist nicht wiederholbar für mich, das würde mir auch körperlich weh tun, eine neue Band mit anderen Leuten zu gründen. Ich habe es versucht und es hat sich nicht richtig angefühlt. So als ob man One Fine Day dadurch irgendwie abwerten würde. Ich höre aber noch viel und gern Musik.
Hendrik: Musik ist und bleibt mein Leben. Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen, wie ich vorher schon angeführt habe.
Fronttage Magazine: In 14 Jahren Bandgeschichte habt ihr mit so einigen großen Acts die Bühne teilen dürfen. Sei es mit den Donots, Zebrahead oder den Pinboys und Royal Republic sowie noch vielen anderen. Vermisst man dieses Gefühl nicht zwischendurch oder seid ihr nun an einen Punkt angekommen, an dem euch dies nicht mehr so wichtig ist?
Marco: Doch, das vermisst man schon. Ich war im vorletzten Oktober (2019 ) zusammen mit Kiki bei den Donots in Osnabrück und hab mit den Jungs nach dem Auftritt noch gefeiert. Das war so schön, dieses Gefühl wieder mitnehmen zu können, dass es mich fast zu Tränen gerührt hat. Da war immer so viel Gemeinschaft und auch Liebe. Schöne Zeiten waren das. Die jetzt sind auch sehr schön, aber natürlich anders schön.
Hendrik: Ich vermisse das sogar sehr. Der Plan ist auch wieder auf die Bühne zu kommen. Anne und ich bereiten da gerade etwas vor.
Frontstage Magazine: Was ist bei euch nach all den Jahren als schönste Erinnerung eurer Bandgeschichte bis heute hängen geblieben?
Marco: Das Hurricane Open Air. Wir haben gleichzeitig mit Incubus gespielt. Die auf der großen Hauptbühne, wir im Zelt. Wir dachten da kommt keiner, aber das Zelt war dann so voll, dass keiner mehr rein gelassen wurde. Gut, es hat auch geregnet. Aber das war so eine abgefahrene Party, die Leute sind mit uns zusammen so richtig durchgedreht.
Hendrik: Das ist für mich unmöglich zu beantworten. Dafür gibt es viel zu viele einzigartige und tolle Erinnerungen. Eine ist zum Beispiel unsere Tour in Japan. Oder die erste Tour oder die Nightliner-Tour mit den Donots und Royal Republic, die Zeit in Stockholm, als wir unser letztes Album aufgenommen haben, der Moment, als wir unser Musikvideo auf MTV gesehen oder unsere Songs im Radio gehört haben oder Rock am Ring, Rock im Park, Hurricane und Southside in einem Jahr gespielt haben oder zum SXSW Festival nach Austin geflogen sind. Aber auch die Proben, wo wir einfach nur zusammen waren als Band. Oder unsere Treffen mit den Fans, die eher schon Freunde geworden waren über die Zeit. Es gibt so viele schöne Erinnerungen.
Frontstage Magazine: Da kann man sich wirklich gar nicht entscheiden. Vorhersehbare Frage, aber vermisst ihr das Tourleben genauso? Also das miteinander unterwegs zu sein, die endlosen Fahrten in stickigen Tourbussen, die abgerockten Hotelzimmer, die Party; kurz gesagt das Rockstarleben eben?
Marco: Den Stückchen (oder eher stinkigen) Tourbus vermisse ich echt nicht. Alles andere schon. Aber wir haben das auch gelebt bis zum Mond und zurück. Das ist schon okay so.
Hendrik: Auf jeden Fall. Es ist etwas ganz besonderes, mit seinen Freunden unterwegs zu sein. Anne und ich sprechen da öfter drüber, dass dieses Gruppengefühl so ein starkes, intensives Gefühl ist. Wenn man zusammen auf Tour war, hat man eine besondere Verbindung zueinander. Das kennt wahrscheinlich jeder, der mal mit Freunden in den Urlaub gefahren ist. Da erzählt man sich noch Jahre später von. Und auch wenn ich jetzt in einen stickigen Backstageraum reingehe, fühlt es sich ein bisschen an, als würde man nach Hause kommen. Also, in sein zweites, stinkendes, dreckiges, mit der Couch auf die schon Bad Religion gekotzt haben, zu Hause.
Frontstage Magazine: Was fehlt Euch an dem zuvor Beschriebenen überhaupt nicht?
Marco: Wirklich der Tourbus (lacht).
Hendrik: Nichts. Die Zeit ist eine Romantikerin.
Frontstage Magazine: 14 Jahre lang durftet ihr das miteinander zelebrieren und gemeinsam erleben, das zieht nicht spurlos an einem vorbei, sondern schweißt für immer zusammen. Habt ihr euch jemals aus den Augen verloren oder habt ihr immer regelmäßig Kontakt zueinander gehalten?
Marco: Das ist eine sehr gute Frage und tatsächlich ist es so, dass ich die anderen so gut wie gar nicht mehr sehe und sehr selten höre. Jeder wohnt halt in einer anderen Ecke und ich glaube bei mir war das am Anfang auch viel Selbstschutz. Ich musste Abstand haben, um Luft für etwas Neues zu bekommen. Dann kam recht schnell Familie, ein neuer Wohnort und neue Freunde.
Hendrik: Mit Marten und Melle habe ich sehr regelmäßigen Kontakt. Wir anderen eher selten. Ich bin mir aber sicher, sobald wir in einem Raum zusammen sind, fühlt es sich an, als hätten wir uns gestern das letzte Mal gesehen.
Frontstage Magazine: Daraus resultiert die zwingende Frage: Gibt es einen Weg zurück und könntet ihr euch vorstellen, dass ihr jemals noch einmal als Mitglieder von One Fine Day auf der Bühne steht?
Marco: Das wir uns noch einmal zusammen tun, kann ich mir nicht vorstellen, weil die Erinnerungen so gut sind wie sie sind. Wenn wir jetzt die große Reunion machen und das geht in die Hose, dann gehen dich diese ganzen positiven Erinnerungen mit den Bach runter. Dafür hab ich persönlich zu viel positiven Respekt vor dem, was war.
Hendrik: Klar. Warum nicht? Das wäre sicher ein heftiges Gefühl, die Songs nach so langer Zeit mal wieder zusammen zu spielen.
Frontstage Magazine: Genug vom nostalgisch getriebenen „Was wäre wenn…?“, zurück zu handfesten Fragen: Ihr hattet mal einen Auftritt bei GZSZ. Von der Reichweite her gesehen, kann man kaum mehr Publikum um 19:30 Uhr abends an einem normalen Wochentag in Deutschland erreichen als eine Doku-Soap in einem Privatsender. Kann man diesen Auftritt als besonders bezeichnen? Wart ihr nervös?
Marco: Das war wirklich etwas sehr Besonderes, zumal ich immer eine tiefe Verbindung zu Film und Fernsehen hatte und dort jeden Moment genoss.
Hendrik: Sicher war das etwas Besonderes. Wobei mir gar nicht so bewusst war, wie groß das war zu dem Zeitpunkt. Für mich war es sauinteressant mal hinter die Kulissen der TV-Landschaft zu schauen. Aufgeregt war ich nicht. Die Menschen dort, Schauspieler*innen und Crew waren alle supernett und haben uns sehr nett unterstützt.
Frontstage Magazine: Was war euer letztes Konzert, welches ihr privat, also ohne Bandverbindungen, besucht habt?
Marco: Das war tatsächlich das Donots Konzert, von dem ich vorhin schon erzählt hatte. Danach kam ja die Krise und diese elendige livelose Zeit. Ich hoffe, dass die bald einen vernünftigen Impfstoff finden und dass dann noch Clubs und Bands übrig sind.
Hendrik: Anne und ich sind eigentlich jedes Jahr beim Hurricane Festival. Wir treffen dort immer viele unserer Freunde und haben einfach ’ne schöne Zeit. Also das war das letzte Mal, dass wir Musik so richtig live gesehen haben.
Frontstage Magazine: Die letzte Frage fällt immer etwas aus der Reihe: Welchen Ort möchtet ihr unbedingt noch einmal besuchen?
Marco: Ich bin ein großer Fan von Stränden und Sonne. Mein nächster großer Traum ist Bali und das werden wir uns auch irgendwann gönnen, wenn Reisen wieder machbar ist. Bis dahin hab ich ja anscheinend noch ’ne Menge Zeit zum Sparen.
Hendrik: Tokyo. Anne und ich waren ja beide mit unseren Bands dort und sind uns einig, dass wir dort supergern nochmal wieder hin wollen. Am besten auch, um dort live zu spielen.
Frontstage Magazine: Ich danke euch Beiden für eure Zeit und wünsche euch nur das Beste für euch!
Marco: Danke dir, Kevin, und dem gesamten Frontstage Magazine Team für diese schöne Reise in die Vergangenheit. Ich wünsche euch ganz viel Erfolg mit dem Magazin!
Hendrik: Ebenso!
Fotocredit: Facebook Foto von One Fine Day